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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Bundesrat

© picture alliance/dpa/Wolfgang Kumm

Massive Bedenken im Bundesrat: Wie Habecks Heizungswende ins Wackeln gerät

Der grüne Vizekanzler muss wohl zurückstecken beim Plan einer schnellen Heizungserneuerung. Die Ländermehrheit ist für eine langsamere Gangart – und eine sozialere.

Robert Habeck war der Überraschungsgast am Freitag im Bundesrat. Unangekündigt erschien der Bundeswirtschaftsminister zur ersten Debatte der Länderkammer über das Gebäudeenergiegesetz (GEG), mit dem erreicht werden soll, dass neue Heizungen schon ab 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Der grüne Vizekanzler hatte allen Grund, im Kreis der Länder zu erscheinen.

Denn das vor allem von den Grünen vorangetriebene Projekt stößt schon in der Ampel-Koalition im Bund auf Widerstand, vor allem aus der FDP. Und nun droht noch Ungemach von Länderseite. Da schien es Habeck ratsam, selber das Wort zu ergreifen – und die Verteidigung des Projekts nicht allein Wohnungsbauministerin Klara Geywitz (SPD) zu überlassen.

Denn im Bundesrat gibt es erhebliche Zweifel an wichtigen Punkten des Gesetzes. Da die vielfältigen Stellungnahmen der einzelnen Bundesratsausschüsse meist nicht mehrheitsfähig waren, wurden diese Bedenken in einem Antrag auf Initiative Niedersachsens gebündelt, dem auch Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Schleswig-Holstein beitraten.

Nicht jeder, der ein Haus hat, ist auch reich.

Manuela Schwesig, SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern

Hinter dem Antrag stehen somit fünf SPD-Regierungschefs und der CDU-Ministerpräsident Daniel Günther. Dass alle wesentlichen Kritikpunkte in dem Antrag eine klare Mehrheit bekamen, muss für Habeck ein Alarmsignal sein.

Um einen kompletten „Neustart“ des Gesetzes geht es der Mehrheit der Länder nicht. Den forderte allein Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der von einem „Superwumms“ für die Geldbeutel der Betroffenen sprach. Verhindern kann die Länderkammer das Gesetz ohnehin nicht. Aber es aufhalten, den Starttermin gefährden, es verwässern – das ist den Ländern möglich.

Das GEG ist ein sogenanntes Einspruchsgesetz, was es den Ländern ermöglicht, ein Vermittlungsverfahren zu starten. Käme es dazu, dann kann Habeck die von ihm gewünschte Beschlussfassung in Bundestag und Bundesrat vor den Sommerferien vergessen. Dann kann es Spätherbst oder sogar Winter werden, und damit ist das vom Wirtschaftsminister angepeilte Inkrafttreten des GEG zum 1. Januar 2024 gefährdet.

Erst einmal nur Neubauten?

Genau da setzen die Länder an. In ihrem Antrag heißt es – etwas umständlich –, „hinsichtlich des von der Bundesregierung angestrebten Umsetzungszeitpunkts bestehen mit Hinblick auf Lieferengpässe und erforderliche Ressourcen bei Fachhandwerkern weitere Handlungsbedarfe, gerade auch im Hinblick auf Bestandsgebäude“. Der Halbsatz ist wesentlich.

Neben Söder drückte auch Reiner Haseloff, CDU-Regierungschef in Sachsen-Anhalt, Zweifel aus, dass die Heizungswende so zügig machbar sei und ohne Einschränkung auskomme. Dabei geht es nicht nur um eine mögliche Einschränkung auf neue Gebäude (die laut einem Bericht des „Spiegel“ auf Beamtenebene im Wirtschaftsministerium auch schon erwogen wird). Eine Ländermehrheit hält auch eine Umsetzung bereits ab 2024 nur dann für möglich, wenn Förderprogramme den Heizungstausch sozial abfedern (und zwar über die von Habeck geplante Förderung von bis zu 50 Prozent der Kosten hinaus).

Habeck deutet höhere Förderung an

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), lieferte dazu den Merksatz: „Nicht jeder, der ein Haus hat, ist auch reich.“ Gerade auf dem Land würde der forcierte Heizungstausch viele finanziell überfordern. Habeck deutete an, dass bei der Förderung noch Änderungen möglich seien.

Die Ausnahmeregelung für Hauseigentümer ab 80 Jahren ist den Ländern rechtlich zu willkürlich (und praktisch ist die Altersgrenze wohl auch zu hoch) – sie wollen sie absenken, entweder auf das Renteneintrittsalter oder mittels einer Härtefallklausel. Damit würde die Zahl der betroffenen Häuser allerdings deutlich sinken.

Zudem peilen die Länder Lösungen an, bei denen einerseits Fernwärmeanbindung eine wichtige Rolle spielt, andererseits die Zusammenbindung der Heizungserneuerung mittels kommunaler Quartierlösungen oder im Rahmen kommunaler Wärmepläne. Die gibt es nicht überall, die Einführung dauert regelmäßig einige Zeit. Die Umrüstungspflicht für einzelne Eigentümer wäre dann zunächst ausgesetzt.

Als dritten Punkt verlangen die Länder mehr Technologieoffenheit „Richtung Holz und Biomasse“, wie Schwesig sagte. Ein Punkt, den auch Söder ausdrücklich unterstützte. Schwesig betonte zudem den Nutzen von Geothermie. Insgesamt laufen diese Forderungen auf eine langsamere Umsetzung des Heizungstauschs hinaus und könnten für viele private Hauseigentümer eine Schonfrist bedeuten.

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