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König Mohammed VI. betreibt erfolgreich "robuste" Außenpolitik in Sachen Westsahara.

© Aziz Boukallouche/picture alliance/abaca

Marokkos Druck auf Berlin und Madrid erfolgreich: Erpressung und robuste Außenpolitik zahlen sich doch aus

Deutschland und Spanien gehen in der Westsaharafrage auf Rabats Wünsche ein. Die Druckmittel waren unlauter. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Nüsse

Es muss nicht gleich Krieg sein – auch robuste Außenpolitik, Erpressung und beleidigtes Schmollen zahlen sich gegenüber Deutschland und anderen EU-Staaten aus.

Das ist die Lehre aus dem Konflikt, den Marokko 2021 mit Deutschland und Spanien vom Zaun gebrochen hatte: Sein Außenminister hatte in einem Schreiben an marokkanische Behörden im März 2021 zur Einstellung der Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft und den deutschen Organisationen im Land aufgerufen – ohne einen Grund zu nennen.

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Dieses für die marokkanische Politik typische Vorgehen verlangt, dass der Angegriffene selbst darauf kommt, was er verbrochen hat.

Marokko war sauer, weil Deutschland explizit die UN-Positionen hochhielt

In diesem Falle war König Mohammed VI. wohl sauer, dass Deutschland nicht begeistert auf die neue US-Politik des damaligen Präsidenten Donald Trump eingeschwenkt war, die Westsahara als marokkanisches Territorium anzuerkennen. Berlin hielt explizit an der UN-Position festhielt, dass über die Zukunft dieses von Marokko kontrollierten Gebietes ein Referendum entscheiden müsse.

Die Chancen für eine "Freie Sahara" für die von Marokko kontrollierte Westsahara schwinden - hier eine Demonstration in Madrid.
Die Chancen für eine "Freie Sahara" für die von Marokko kontrollierte Westsahara schwinden - hier eine Demonstration in Madrid.

© Eduardo Briones/dpa

Außerdem war Marokko beleidigt, dass es 2020 nicht zur Libyen-Konferenz eingeladen worden war. Als es dann zur Folgekonferenz 2021 eingeladen war, hielt man es nicht für nötig, teilzunehmen, und startete stattdessen eine Kampagne gegen die Arbeit einer renommierten deutsche Nordafrika-Expertin.

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Im Falle Spaniens, das Marokko unter anderem durch die humanitäre Aufnahme eines erkrankten Unabhängigkeitskämpfers der Westsahara verärgert hatte, waren die undiplomatischen Druckmittel auch nicht ohne: Marokko ließ im Mai 2021 gezielt etwa zehntausend afrikanische Flüchtlinge in die spanischen Enklaven im Norden des Landes eindringen und drohte zuletzt im März 2022 mit Wiederholung.

Spanien sah sich isoliert und vollzog den radikalsten Kurswechsel

Und das erpresserische Vorgehen war erfolgreich: Die neue Bundesregierung ist Marokko schon im Dezember still und leise entgegengekommen. Der sogenannte Autonomieplan Rabats wird auf der Webseite des Auswärtigen Amtes jetzt als „wichtiger Beitrag“ für eine Einigung im Konflikt um die Westsahara gelobt. Damit stand Spanien, das sich in Europa um eine Stärkung der UN-Position bemüht hatte, plötzlich isoliert da – und vollzog im März einen radikalen Kurswechsel: Es sieht Marokkos Pläne neuerdings als die „ernsthafteste und glaubwürdigste“ Grundlage zur Konfliktlösung.

Rabats Medien triumphieren lautstark, die deutsche Entwicklungshilfe freut sich, weil man in dem nordafrikanischen Land so gut Geld ausgeben kann. Dafür ist Algerien düpiert, das traditionell die Unabhängigkeitsbestrebungen der Sahraouis unterstützt. Während Algier ungeschickt versucht, seine Gaslieferungen als Druckmittel einzusetzen, witzelt ein Beobachter, man sollte es vielleicht auch eher damit probieren, massenhaft Migranten nach Europa durchzuwinken.

Natürlich ist Marokko ein wichtiger Partner in Nordafrika: Aber es ist auch ein autoritäres, zu Paranoia neigendes Regime, das jeglichen Widerspruch im eigenen Land unterdrückt und nur in Kategorien von Sieg und Niederlage denken kann. Führungsstärke sieht anders aus. Bleibt zu hoffen, dass die deutsche Außenministerin hier auch einmal die klaren Worte findet, die sie woanders nicht scheut. Und wenn Rabat dann beleidigt um sich schlägt, kann Deutschland das aushalten.

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