zum Hauptinhalt
Mit schwarzen Trainingsjacken über ihren Trikots solidarisierten sich die Spieler der iranischen Nationalmannschaft mit den Protesten in ihrem Land.

© Foto: Imago/Gepa Pictures

Mahsa-Amini-Sprechchöre in Katar?: Irans Opposition ruft zu WM-Protesten auf

Am Montag beginnt für Irans Nationalmannschaft die Fußball-WM. Regimegegner hoffen auf Unterstützung durch Spieler und Fans. Teheran will das verhindern.

Der Iran fiebert dem ersten Spiel seiner Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Katar entgegen. Bei der Begegnung am Montag gegen England geht es aber weniger um die Frage, ob sich das „Team Melli“, wie die iranische Mannschaft genannt wird, die Chance auf ein Weiterkommen über die Gruppenphase hinaus bewahren kann.

Diskutiert wird vor allem, ob und wie sich die Spieler zu den anhaltenden Protesten in ihrem Land äußern werden. Prominente Ex-Fußballer setzten bereits vor Turnierbeginn ein Zeichen und sagten ihre Besuche in Katar aus Solidarität mit den Demonstranten ab. Bei den Unruhen in Teheran in den vergangenen Tagen wurden nach Oppositionsangaben auch Werbeposter für die WM angezündet.

Der innenpolitische Konflikt im Iran dürfte über den Persischen Golf nach Katar überschwappen. Die Regierung der Islamischen Republik befürchtet, dass es bei der Weltmeisterschaft öffentliche Unterstützung von Spielern oder Fans für die iranischen Demonstranten geben wird. Irans Präsident Ebrahim Raisi befahl dem Außenministerium, es solle zusammen mit den Behörden in Katar „Probleme“ während des Turniers verhindern.

Manche sind dafür, andere nicht. Genauso ist es im Iran.

Nationaltrainer Carlos Queiroz über die Nationalmannschaft und die Proteste

Auf genau diese „Probleme“ hoffen regimekritische Aktivisten. Sie appellieren an die Zuschauer in Katar, sie sollten bei jeder WM-Begegnung in der 22. Spielminute den Namen von Mahsa Amini rufen, der jungen Kurdin, deren Tod in Gewalt der iranischen Religionspolizei im September die Proteste auslöste.

Amini war 22 Jahre alt, als sie starb. Die Sprechchöre könnten die junge Frau „unsterblich“ machen, schreibt die prominente Regimekritikerin Masi Alinejad auf Twitter. Die Opposition erwartet außerdem, dass zumindest einige Fans Fotos von Amini in den Stadien hochhalten und die Parole der Protestbewegung, „Frauen – Leben – Freiheit“ skandieren werden.

Die iranische Führung will jedoch der Opposition nicht die Initiative überlassen. Der Exil-Sender Iran International berichtet, Katar habe seinen WM-Reportern offenbar auf Teherans Druck hin die Visa entzogen. Präsident Raisi empfing das „Team Melli“ vor der Abreise der Spieler nach Katar vor wenigen Tagen in seinem Amtssitz. Er wünschte der Mannschaft viel Erfolg und sagte, die Spieler sollten ihr Bestes geben, um ihrem Land Ehre zu machen, wie Regierungsmedien berichteten.

Bisher ist noch nicht bekannt, ob der iranische Präsident Ebrahim Raisi für die WM nach Katar reisen wird.

© Foto: Imago/Zuma Wire

Das Regime dürfte die Gruppen-Begegnung des Iran gegen die USA am 29. November als symbolischen Kampf gegen den „Großen Satan“ präsentieren. Ob Raisi oder Minister seiner Regierung zu den Spielen der Mannschaft nach Katar reisen werden, ist nicht bekannt.

Vielen in der Mannschaft wäre das wohl nicht recht. Fast alle Spieler blieben beim letzten Vorbereitungsspiel gegen Nicaragua vorige Woche demonstrativ stumm, als die Nationalhymne erklang. Bei einem vorherigen Spiel fiel auf, dass die Fußballer während der Nationalhymne schwarze Trainingsjacken trugen, die ihre Nationaltrikots verdeckten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Das wurde als Zeichen der Trauer um die Opfer des Aufstandes gegen die Islamische Republik gewertet. Der frühere Nationalspieler Hossein Mahini wurde vorübergehend festgenommen, weil er die Demonstranten unterstützte.

Während der WM-Vorbereitung gab es laut Pressemeldungen in der Mannschaft Spannungen über die Haltung zur Protestbewegung. Iranische Fans vermuten, dass die Spieler von der Regierung gedrängt werden, zu politischen Fragen zu schweigen.

Prominente Ex-Kollegen haben sich anders entschieden. Ali Daei, der unter anderem bei Bayern München und Hertha BSC Berlin spielte und Kapitän der iranischen Nationalmannschaft war, erklärte auf Twitter, er wolle nicht nach Katar reisen, sondern im Iran bleiben und an die Todesopfer und ihre Familie denken.

Auch Ali Karimi, der in seiner Karriere ebenfalls bei Bayern spielte, sagte ab, weil seine Heimat derzeit „eine sehr schwierige Zeit“ erlebe. Javad Nekounam, ein weiterer Ex-Kapitän der Nationalmannschaft, schloss sich dem Boykott an.

Inmitten der politischen Auseinandersetzungen versucht Nationaltrainer Carlos Queiroz, den Ball nicht aus den Augen zu verlieren. Jeder habe das Recht, seine Meinung zum Ausdruck zu bringen, sagte der portugiesische Trainer über mögliche Aktionen seiner Spieler.

In anderen Ländern knieten Spieler aus Protest gegen Rassismus vor Spielbeginn nieder. „Manche sind dafür, andere nicht. Genauso ist es im Iran.“ Die Mannschaft sei vollkommen auf das sportliche Ziel konzentriert: Nach bisher fünf WM-Teilnahmen wolle es der Iran beim sechsten Versuch erstmals in die zweite Runde des Turniers schaffen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false