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Das LNG-Spezialschiff „Neptune“ im Industriehafen von Lubmin..

© imago/BildFunkMV / imago

Lubminer LNG-Terminal im Testbetrieb: War die Zulassung rechtswidrig?

In Lubmin wird wohl bald das erste Flüssigerdgas ins Netz eingespeist. Dabei liegt eine Genehmigung noch gar nicht vor.

In der Pommerschen Bucht vor Rügen ist die Zeit zwischen den Jahren sonst eher ruhig. Aber in diesen Tagen sind ungewöhnlich viele Schiffsbewegungen zu beobachten. Der Tanker „Seapeak Hispania“ mit rund 140.000 Kubikmeter Flüssigerdgas (LNG) aus Ägypten an Bord, ist kurz vor Weihnachten eingetroffen. Zwei kleinere LNG-Shuttle-Schiffe kreuzen ebenfalls in der Bucht und bereiten ihre erste Fahrt in den Lubminer Hafen vor, wo das LNG-Spezialschiff „Neptune“ bereits vertäut liegt, welches das flüssige Gas wieder regasifizieren und von dort ins deutsche Netz einspeisen soll.

„Wir sind zuversichtlich, dass das erste Shuttle-Schiff zeitnah in den Hafen fahren wird“, sagt Stephan Knabe, Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens Deutsche Regas, das in Eigenregie in Lubmin Gas anlanden will. Eigentlich wollte das mittelständische Unternehmen bereits Anfang Dezember das erste LNG verladen, das auch für die Gasversorgung von Berlin und Brandenburg relevant ist. Nun könnten die ersten Kubikmeter in wenigen Tagen fließen. Dabei liegt eine ordentliche Genehmigung für den Betrieb des privatwirtschaftlichen LNG-Terminals noch gar nicht vor.

Die Behörden spielen nur Servicestelle für die Gasindustrie.

Constantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe kritisiert die Genehmigung für einen Testbetrieb.

Kurz vor Weihnachten hatte das Umweltministerium von Mecklenburg-Vorpommern lediglich einen Testbetrieb genehmigt. „Hochkomplexe technische Abläufe“, müssten vor einem Dauerbetrieb getestet werden, begründete Umweltminister Till Backhaus (SPD) den Schritt. „Unsere Fachleute arbeiten unter Hochdruck an der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.“ Er rechne mit einem Ergebnis im Januar 2023, sagte Backhaus.

Doch am Vorgehen seines Ministeriums gibt es nun Kritik. „Die Behörden spielen nur Servicestelle für die Gasindustrie“, sagt Constantin Zerger, Energie-Experte von der Deutschen Umwelthilfe. Er hält die Genehmigung des Testlaufs für nicht zulässig, da die Voraussetzungen nicht gegeben seien. Tatsächlich ist die Teilgenehmigung laut Bundes-Immissionsschutzgesetz eigentlich nur zulässig, wenn eine Gasmangellage herrscht.

„Wir haben offensichtlich in diesem Winter keine Gasmangellage“, sagt Zerger und verweist auf die gut gefüllten Gasspeicher, die in den vergangenen fünf Tagen wegen der warmen Temperaturen sogar wieder befüllt werden konnten. Zerger vermutet, dass die Landesregierung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die wegen ihres Einsatzes für die russische Nord Stream II Pipeline lange in der Kritik stand, nun Punkte in der Bevölkerung sammeln will. „Den Gas-Unternehmen wird der rote Teppich ausgerollt.“

Stephan Knabe sieht das anders, doch auch er lobt die Behörden. „Wir haben sehr viel Aufmerksamkeit bekommen und unsere Anträge wurden schnell, aber akribisch bearbeitet“, sagt er dem Tagesspiegel. Der Testbetrieb sei zudem weit weg von einem Regelbetrieb. Er zweifelt nicht an den rechtlichen Bedingungen für eine vorläufige Genehmigung. „Wir haben seit Juni die Alarmstufe im Notfallplan Gas“, sagt Knabe.

Tatsächlich bestätigt die Bundesnetzagentur die Alarmstufe, ist beim Begriff „Mangellage“ aber vorsichtig. „Eine Gasmangellage besteht derzeit nicht, wenn man eine Gasmangellage so beschreibt, dass die Gaseinspeisungen deutschlandweit nicht ausreichen, um alle angeforderten Bedarfe abzudecken“, teilt ein Sprecher mit. Die Gasversorgung sei im Moment stabil, die Versorgungssicherheit gewährleistet.

Warum die Umweltbehörde dennoch kurz vor Weihnachten einen Testlauf genehmigte, ist unklar. Eine entsprechende Anfrage blieb am 27. Dezember unbeantwortet.

Die Opposition in Schwerin kritisiert den Vorgang. „Die Landesregierung will zeigen, dass sie energiepolitisch liefern kann, begibt sich dabei jedoch auf rechtlich ganz dünnes Eis“, sagt Grünen-Politiker Hannes Damm. Auch er sieht keine Mangellage und befürchtet angesichts der vielen geplanten LNG-Terminals Überkapazitäten. In Lubmin hätte man mit einer Genehmigung die Prüfung abwarten können, findet Damm. „Der Probebetrieb ist faktisch eine frühzeitige Inbetriebnahme.“

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