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Bund und Länder haben am Montag über die Impfsituation in Deutschland beraten.

© Michael Kappeler/dpa-pool/dpa

Bayern prescht vor: Lockerungen für Geimpfte – warum braucht der Bund so lange?

Das Bundeskabinett will in der kommenden Woche Regeln für Geimpfte verabschieden. Doch manchen geht das zu langsam, auch der Bundesjustizministerin.

Der Bund hat baldige Lockerungen für Corona-Geimpfte angekündigt, aber einige Bundesländer gehen da bereits eigene Wege. Nach einem Beschluss des bayerischen Kabinetts vom Dienstag werden vollständig Geimpfte im Freistaat von diesem Mittwoch an Menschen gleichgestellt, die negativ auf Corona getestet wurden. So müssen vollständig Geimpfte bei einem Friseurbesuch keinen negativen Corona-Test vorweisen.

Auch andere Bundesländer wie etwa Rheinland-Pfalz und Hessen haben ihre Verordnungen bereits entsprechend angepasst.

Beim Impfgipfel von Bund und Ländern am Montag hatte es indes noch keine Beschlüsse zum bundesweiten Umgang mit Geimpften und Genesenen und möglichen Erleichterungen bei den Corona-Beschränkungen für sie gegeben. Die Bundesregierung will nach einer Ankündigung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kommende Woche einen Vorschlag machen, so dass eine Verordnung am 28. Mai vom Bundesrat beschlossen werden könnte.

Das geht der FDP viel zu langsam. Ihr Generalsekretär Volker Wissing sagte der „Bild“-Zeitung: „Es kann doch nicht wahr sein, dass die Bundesregierung beim Einschränken der Grundrechte den Turbo einlegt, aber bei der Rückgabe in den Trödelmodus verfällt.“

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FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Während es Union und SPD bei den Änderungen im Infektionsschutzgesetz sehr eilig hatten, lässt sich die Regierung nun viel Zeit, die Ausnahmen von Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene per Rechtsverordnung zu formulieren.“

Vor allem die Kontakteinschränkungen könnten etwa für alte Menschen und für Kinder eine erhebliche Belastung darstellen. „Besonders beschämend“ sei, dass die Bundesregierung die Diskussion über die Ausnahmen für Geimpfte und Genesene offensichtlich möglichst lange hinausschieben wolle, sagte Thomae.

Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will so schnell wie möglich Lockerungen für Geimpfte durchsetzen. Nach Möglichkeit solle dies auch schon vor dem bisher geplanten 28. Mai passieren, kündigte sie auf Nachfrage am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin an: „Wir müssen schnell ein Signal an alle senden, dass wir keine Möglichkeit mehr haben, die Grundrechte einzuschränken.“ Denn das Robert-Koch-Institut (RKI) habe klar festgestellt, dass zwei Wochen nach einer zweiten Impfung keine Infektionsgefahr mehr von den Menschen ausgehe.

Es sei klar, dass Grundrechte dann nicht mehr eingeschränkt werden dürften, so Lambrecht weiter. Daher wolle sie „unverzüglich schnellstmöglich“ eine entsprechende Verordnung auf den Weg bringen und Bundestag und Bundesrat einbinden, denn die Politik dürfe sich in dieser Frage nicht von den Gerichten treiben lassen.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte ebenfalls eine rasche Aufhebung der Corona-Beschränkungen für Geimpfte. „Das muss zügig kommen, denn wir sollten uns die Entscheidung darüber nicht von den Gerichten aus der Hand nehmen lassen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch). Da jetzt klar sei, dass Geimpfte wahrscheinlich andere nicht mehr infizieren könnten, müssten die Grundrechtseinschränkungen für diese Gruppe Schritt für Schritt zurückgenommen werden. Stand Dienstag waren in Deutschland 7,3 Prozent der Menschen vollständig gegen das Coronavirus geimpft.

Laschet gegen Vorpreschen einzelner Länder

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet sprach sich in der Debatte hingegen für ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern aus. Die Bundesregierung bereite eine entsprechende Verordnung vor. Es sei richtig, abgestimmt vorzugehen, sagt Laschet im Landtag in Düsseldorf. Insgesamt müsse aber alles getan werden, um Grundrichtseingriffe für alle Menschen so schnell wie möglich zurückzunehmen.

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Der geplante digitale Impfausweis ist nach Worten von Kanzleramtschef Helge Braun „in wenigen Tagen bis Wochen fertig“. Im Deutschlandfunk erklärt der CDU-Politiker, in Deutschland werde im Vergleich zu anderen EU-Ländern ein großer Wert auf Datensicherheit gelegt. „Da gucken wir sehr drauf. (...) Und wenn es dann mal eine Woche länger dauert, dann ist das eben so.“

Braun bekräftigt, mit der

„Bundesnotbremse“ - dem neuen Infektionsschutzgesetz - könnten nun bundeseinheitliche Corona-Maßnahmen beschlossen werden. Allerdings hätten Bundestag und Bundesrat bei den notwendigen Verordnungsermächtigungen ein Mitspracherecht. "Wenn wir uns schnell einigen, sind wir damit auch schnell fertig", sagt Braun.

Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, forderte unterdessen deutlich mehr Corona-Impfstoffe für die Arztpraxen, damit diese zügig ihre Patienten impfen können. Er hielt der Politik in der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch) eine Bevorzugung der Impfzentren vor - die aber sei nicht nachvollziehbar.

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„Es geht doch nicht um die Auslastung von Impfzentren, sondern um ein rasches Impfen möglichst vieler Menschen. Und die wollen mehrheitlich zu ihren Hausärzten.“ Das bestehende gute Netz von solchen Ärzten und auch den Fachärzten sorge dafür, dass der Impf-Turbo zünde. „Deshalb muss mehr Impfstoff in die Praxen“, sagte er.

Weigeldt kritisierte zudem, die Priorisierung - also die Reihenfolge bei den Impfungen - werde im politischen Raum noch nicht richtig verstanden. „Da kann es nicht um Schema F gehen. Vielmehr brauchen die Ärzte Ermessensspielräume, um zunächst all diejenigen zu impfen, die ein Risiko tragen.“ Er sei zwar nicht dafür, die Priorisierung schon komplett aufzugeben. „Aber die Hausärzte müssen die Möglichkeit haben, damit vernünftig und pragmatisch umzugehen und nicht stur nach Regel. Eine gewisse Flexibilität ist notwendig.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Montag erklärt, dass Corona-Impfungen spätestens ab Juni für alle in Deutschland möglich sein sollen - also ohne die bisherige Priorisierung nach Alters- und Berufsgruppen sowie Vorerkrankungen. (dpa, KNA, Reuters)

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