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Listenaufstellung: Linke rangeln um gute Plätze für Europawahl

Wird der unbequeme André Brie ausgebremst?

Von Matthias Meisner

Berlin - Ein halbes Jahr vor der Europawahl gibt es bei der Linkspartei heftiges Gerangel um die aussichtsreichen Listenplätze. Fast alle der sieben jetzigen Europaabgeordneten wollen wieder antreten, bekommen aber Konkurrenz aus dem Westen, der bei der Listenaufstellung 2004 nur eine untergeordnete Rolle spielte. Für die Spitzenkandidatur gilt der Vorsitzende der Linken, Lothar Bisky, als gesetzt. Scheitern könnte da gegen unter anderem der langjährige PDS-Vordenker André Brie, der selbst in den ostdeutschen Landesverbänden nur noch eingeschränkten Rückhalt hat.

Wichtige Vorentscheidungen sollen am Montag fallen: Der geschäftsführende Vorstand trifft sich in Berlin mit Ver tretern aus den Ländern, um über eine Spitzenmannschaft zu beraten. Mitte Januar soll dann der sogenannte Bundesausschuss eine komplette Vorschlagsliste wählen, die nach Wunsch der Parteispitze auf einem Europaparteitag am 28. Februar und 1. März in Essen nur noch abgesegnet werden soll. Nach den jüngsten Meinungsumfragen, in denen die Linke Konjunktur hat, gelten 2009 die Listenplätze bis Nummer zwölf als aussichtsreich.

Nach Tagesspiegel-Informationen haben mit Sabine Lösing und Thomas Händel gleich zwei ehemalige Vorsitzende der WASG ihre Kandidatur angekündigt. Die Sozialarbeiterin Lösing aus Niedersachsen beruft sich auf ihr Engagement für soziale Bewegungen, der bayerische Gewerkschafter Händel war einer der wichtigsten Strippenzieher beim Vereinigungsprozess zwischen WASG und PDS. Daneben drängt es auch Wilfried Telkämper offenbar zurück nach Europa. Telkämper, der in den 90er Jahren für die Grünen im Europaparlament saß, hatte 2006 für die WASG bei der Landtagswahl Baden- Württemberg kandidiert, 2007 war er auf dem Vereinigungsparteitag in Berlin demonstrativ der Linken beigetreten und hatte sich dafür dort feiern lassen.

Die ehemalige Parteichefin Gabi Zimmer will ebenso im Straßburger Parlament bleiben wie Sylvia-Yvonne Kaufmann, die sogar mal Vizepräsidentin war. Auch die Ostverbände empfehlen teilweise neue Bewerber und machen die Situation für die Amtsinhaber schwie riger: Der mitgliederstärkste Verband Sachsen wirbt für seine Landesvorsitzende Cornelia Ernst, Brandenburg schickt den langjährigen Koordinator der Außenpolitik in der Parteizentrale, Helmut Scholz. Die Reformlinke will mit Dominic Heilig berücksichtigt werden. Nicht für alle deutet der Wettbewerb auf Qualität: Die Europaliste, klagt einer, könnte sehr leicht zum „Ramschladen werden, um Kandidaten von einer Bundestagskandidatur abzuhalten“.

Im Fall von Sahra Wagenknecht scheint das nicht zu funktionieren. Sie will auf eine Kandidatur für das Europaparlament verzichten, heißt es – und sich stattdessen in Nordrhein-Westfalen für den Bundestag nominieren lassen. Brie, der immer wieder mit der Wortführerin der Kommunistischen Plattform Streit hatte, wird sich darüber vermutlich nicht mehr freuen können. Zwar warb der Verband Mecklenburg-Vorpommern zuletzt für Brie noch mit dem Argument, dessen Agieren habe „fraktions- und parteiübergreifend“ Anerkennung gefunden. In den eigenen Reihen hatte Brie aber ziemlich genervt. Fast nie sei er bei der Verbreitung seiner „klugen Ideen“ ohne eine „Beschimpfung der eigenen Partei“ ausgekommen, sagt ein ostdeutscher Spitzengenosse.

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