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Bernd Riexinger und Katja Kipping sind seit 2012 Vorsitzende der Linkspartei.

© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild

Linken-Parteitag in Leipzig: Kräftemessen mit Kipping und Wagenknecht

Die Linke will Katja Kipping und Bernd Riexinger als Parteichefs im Amt bestätigen. Ihre Gegnerin Sahra Wagenknecht grummelt. Aber die große Revolte bleibt aus.

Von Matthias Meisner

Es ging hoch her am Dienstag in der Fraktionssitzung der Linken im Bundestag. Und wieder einmal stand die Vorsitzende Sahra Wagenknecht im Mittelpunkt. „Wie ein Elefant im Porzellanladen“ hätten sich jene in der Fraktion verhalten, die keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Bamf-Affäre wollten, schimpfte Wagenknecht Teilnehmern zufolge.

Sie zielte mit ihrer Kritik unter anderem auf die innenpolitische Sprecherin Ulla Jelpke und Parteichefin Katja Kipping, die gegen einen Untersuchungsausschuss sind. Wagenknecht aber meinte, in der Bremer Außenstelle des Asyl-Amtes habe es „bandenmäßigen Betrug“ gegeben. Ihren Genossinnen, die bei der Aufklärung auf den Innenausschuss des Bundestages setzen, warf sie an den Kopf: „So blöd muss man sein.“

Wieder einmal erschien Wagenknecht vielen ihrer Parteifreunde ruppiger als notwendig. Dies kurz vor dem Bundesparteitag der Linken an diesem Wochenende in Leipzig, auf dem sich Kipping und ihr Ko-Chef Bernd Riexinger zur Wiederwahl stellen – jene Funktionäre also, denen Wagenknecht in inniger Feindschaft verbunden ist.

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Die große Revolte gegen die beiden Parteivorsitzenden wird es in Leipzig indes vermutlich nicht geben. Wagenknecht und ihr Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch haben entschieden, nicht gegen Kipping und Riexinger anzutreten. Andere Gegenkandidaten haben sich auch nicht gefunden.

Allenfalls geht es also darum, den seit 2012 amtierenden Parteichefs mit einem schlechten Wahlergebnis einen Dämpfer zu verpassen. Vorsorglich warnte der linke Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, vergangene Woche: „Katja und Bernd machen als Vorsitzende unserer Partei eine gute Arbeit. Unser Parteitag sollte das auch mit einem guten Wahlergebnis zum Ausdruck bringen!“

Parteitag soll Forderung nach "offenen Grenzen" bestätigen

Kipping und Riexinger derweil sind zuversichtlich, dass der Parteitag für sie gut über die Bühne geht. Dies auch deshalb, weil der Leitantrag des Vorstandes im für die Vorsitzenden wichtigen Kapitel „Flucht und Migration“ wohl weitgehend unverändert beschlossen wird. Zwar gibt es ein paar Änderungsanträge. Die Kernpunkte aber – Fluchtursachen begrenzen, sichere Fluchtwege, offene Grenzen und Bleiberecht – bleiben unangetastet. Praktisch ähnlich also, wie es schon im Bundestagswahlprogramm steht.

Wagenknecht und ihr Ehemann, Ex-Parteichef Oskar Lafontaine, hatten die Asylpolitik der eigenen Partei immer wieder attackiert. Nun erhofft sich die Führung einen „Schlussstrich“ unter die Debatte. „Parteibeschlüsse sind Parteibeschlüsse, die dann auch von den Exponenten der Partei vertreten werden müssen“, heißt es. Und doch weiß die Spitze, dass praktisch keine Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, sollten Wagenknecht oder Lafontaine auch fürderhin das deutsche Prekariat gegen die Solidarität mit Flüchtlingen ausspielen, wie es ihnen von führenden Genossen vorgeworfen wird.

Gradmesser für die Kräfteverhältnisse in der Partei könnte die Wahl des Bundesgeschäftsführers werden. Wunschkandidat der Parteiführung ist der Wittenberger Rechtsanwalt Jörg Schindler. Aber seit Montag hat er einen Gegenkandidaten, den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Frank Tempel aus Thüringen.

Für ihn wirbt Bartsch. „Die Parteitagsdelegierten schätzen keine Ratschläge von führenden Genossen“, sagt der Fraktionschef dem Tagesspiegel, „aber Frank Tempel kennt Partei und Fraktion, ist dazu kommunal engagiert.“ Er habe in der Bundestagsfraktion einen heterogenen Arbeitskreis erfolgreich geleitet.

Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag.
Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag.

© Michael Kappeler/dpa

Tempel, von Beruf Polizeibeamter, versichert, er sehe seine Rolle als „Brückenbauer“. Aber kann er wirklich im Führungsstreit vermitteln? „Ich habe meinen eigenen Kopf und lasse mich in keinem Lager verordnen. Das ist mir zu eng, denn in meiner Arbeit habe ich gelernt, dass der Sacharbeit das Flügeldenken am wenigsten hilft.“

Streit um die Sammlungsbewegung

Die von Lafontaine und Wagenknecht angekündigte linke Sammlungsbewegung wird in den Debatten auf dem Parteitag wohl keine große Rolle spielen. Das Paar aus dem Saarland hatte deren Start erst kürzlich auf September verschoben. Wagenknechts Vorgänger im Amt des Fraktionschefs, Gregor Gysi, zeigte sich kurz vor dem Parteitag skeptisch, dass eine Sammlungsbewegung Erfolg haben könnte. „Man kann so was nicht von oben beschließen. Und der Druck von unten ist nicht da“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Gysi skizzierte Wagenknecht als „eine Ikone“. Aber das heiße nicht, dass sie immer recht habe: „Sahra ist keine Göttin, und das weiß sie auch.“

Ob Wagenknecht in ihrer Rede auf dem Parteitag – voraussichtlich am Sonntag – Einzelheiten zu dem Projekt skizziert, ist fraglich. Lafontaine hat erklärt, nicht nach Leipzig reisen zu wollen. Er will den Parteitag im Livestream verfolgen.

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