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Thore Schäck, Spitzenkandidat der Bremer FDP: Am liebsten in die Regierung einziehen

© Lisa-Marie Rola/FDP Bremen

Linke Stadt, unbekannter Kandidat: Jetzt muss die FDP ausgerechnet auf Bremen hoffen

Die FDP hat im linken Bremen einen schweren Stand. Doch es sieht so aus, als käme sie trotzdem in den Landtag. Unterwegs mit Spitzenkandidat Thore Schäck. Einem Mann, der kämpft. 

Ganz rund läuft es an diesem Samstagmorgen nicht für Thore Schäck. Der FDP-Spitzenkandidat für die Bremer Bürgerschaftswahl steht an einem Wahlkampfstand in Bremen, vor einem großen Einkaufscenter. Zehn Minuten hat er mit einem der Vorsitzenden der örtlichen freiwilligen Feuerwehr gesprochen, der sich über die überbordende Bürokratie der Bremer Verwaltung beschwerte.

Ein Lieblings-Thema der FDP. Gutes Gespräch, sagt er, als er zum Wahlkampfstand zurückkehrt. „Das sind alles Sozialdemokraten“, klärt die örtliche Kandidatin ihn auf. Nun ja, seis drum. Schäck, 38 Jahre alt, Anzug, Hemd ohne Krawatte, darüber ein dünner Wollpullover, schnappt sich ein paar Flyer und geht durch das Center.

„Es ist wenig los, oder?“, sagt er zu seiner Begleitung. „Sonst ist voller.“ Dann eben zum nächsten Stand. Er ist auf dem Weg zum Auto, als ein SPD-Kandidat ihm Zuckerwatte in die Hand drückt. Aber die Zuckerwatte tropft, das Zeug klebt, an den Schuhen, auf der Hose. Schäck versucht, das SPD-Geschenk loszuwerden. Gar nicht so einfach.

Am kommenden Sonntag wird in Bremen gewählt. Die Umfragen sehen die regierende SPD mit Bürgermeister Andreas Bovenschulte leicht vor der CDU, die Grünen sind in den Umfragen abgesackt. Die FDP ist überraschend stabil bei sechs Prozent. Sicher drin ist sie nicht – aber schlecht stehen die Chancen für den Wiedereinzug auch nicht.

Wir wollen bei der Bremer Wahl die Wende bringen.

Thore Schäck, FDP-Spitzenkandidat in Bremen

Dabei ist Bremen für die FDP keine einfache Stadt. „Bremen war schon immer sehr links“, sagt Spitzenkandidat Schäck. Lange hat für die Bundes-FDP die Bremer Bürgerschaftswahl daher eine untergeordnete Rolle gespielt, Erwartungen an die Wahl wurden schon Monate im Voraus gedämpft.

Doch dann flogen die Liberalen nach der Niederlage in Niedersachsen auch aus dem Berliner Abgeordnetenhaus, und damit wurde die Bremer Wahl wichtiger. Scheitert die FDP zum dritten Mal in Folge an der Fünf-Prozent-Hürde, wäre das ein fatales Zeichen. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2019 zog die FDP mit 5,9 Prozent in die Bürgerschaft ein. Ein knappes Ergebnis, schon vor der Regierungsbeteiligung der FDP auf Bundesebene mit Grünen und SPD, mit der die FDP-Anhängerinnen und Anhänger nach wie vor fremdeln.

Also versucht es die Partei kurz vor der Wahl mit Lieblingsprojekten für ihr Kernklientel. Anfang April hatte die Bremer Verkehrssenatorin der Grünen, Maike Schaefer, in Bremen die sogenannte „Brötchentaste“ für kostenloses Kurzzeitparken abgeschafft. Das empört die Liberalen derart, dass sie am Montag in einem Präsidiumsbeschluss die Einführung der „Brötchentaste“ bundesweit fordern. Die „autofeindliche, ideologische Verkehrspolitik ist schädlich“, stellen sie fest.

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Dass die FDP nun ausgerechnet auf Bremen, diese linke Stadt, hoffen muss, ist nicht ohne Ironie, zudem noch mit einem Spitzenkandidaten, der auch in Bremen relativ unbekannt ist. „Who the heck is Thore Schäck?“, hat die Bremer FDP einige Monate vor der Wahl in Bremen plakatiert. Er halte ein „gutes Ergebnis für realistisch“, sagt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag bei einer Pressekonferenz in Berlin. Eine Machtoption sei „möglich“. Djir-Sarai klang schon mal enthusiastischer.

Und welche könnte das sein? Die Bremer FDP gibt sich vage, will nichts ausschließen, weder ein Ampel-Bündnis noch eine Jamaika-Koalition. Trotzdem dürfte der Bremer FDP eine CDU-geführte Regierungsoption leichter fallen als mit SPD und Grünen zusammenzuarbeiten.

Wahlkampfhilfe von Buschmann

Zurück in Bremen. Schäck fährt zu einem Termin mit FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann, der aus Berlin anreist. Wahlkampfhilfe. Auch Schäck weiß, dass der Druck auf ihn gestiegen ist. „Wenn ein paar Wahlen nacheinander schiefgegangen sind, entsteht eine gewisse Erwartungshaltung. Wir wollen bei der Bremer Wahl die Wende bringen“, sagt Schäck.

Er steht auf dem Marktplatz in Bremen, doch die Aktion wurde kurzfristig verlegt, Schäck muss ein Stück gehen, kein Problem, er geht schnell. Er ist ein flexibler Spitzenkandidat. Eingeladen haben die Jungen Liberalen, sie sind aus dem gesamten Bundesgebiet gekommen, um die Bremer beim Wahlkampf zu unterstützen. Die FDP Bremen kann es brauchen.

Bei der Bildaktion geht es um Bildungsgerechtigkeit. Bremen ist im Bundesländer-Vergleich Schlusslicht, laut dem Bildungsmonitor der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ schnitten die Schülerinnen und Schüler in Bremen bei Kompetenztests besonders schlecht ab.

Auch Schäck ist ein Aufsteiger

Buschmann erzählt von seiner Herkunft, er kommt aus Gelsenkirchen, seine Eltern waren keine Akademiker, das Geld eher knapp. „Ich will gar nichts geschenkt bekommen haben“, sagt er, „die meisten Menschen, die ich treffe, wollen nichts geschenkt bekommen.“ Sie wollten ein „gutes Bildungssystem“. „Ich nehme das Wort in den Mund, das ist auch ein Stück sozialer Gerechtigkeit“.

Schäck steht daneben und nickt. Er hat selbst eine Aufsteigergeschichte, kommt aus familiär schwierigen Verhältnissen. „Wenn man früh Verantwortung übernehmen muss, die man in dem Alter noch nicht übernehmen sollte, dann wird man sehr schnell erwachsen“, sagt er über seine Jugend.

Grünen und SPD wirft er ein „Helfersyndrom“ vor, das Menschen schnell zu Opfern erkläre. „Ich musste mich früh entscheiden, was für ein Leben ich will. Ich hatte den Willen, etwas aus dem eigenen Leben zu machen. Fleißig zu sein, zu verstehen, dass ich vielleicht mehr leisten muss als andere“, sagt er.

Er verstehe nicht, wenn der FDP soziale Kälte vorgeworfen werde: „Diese Vorwürfe kommen interessanterweise oft von Linken, die selbst sehr gut situiert aufgewachsen sind. Das mir vorzuwerfen, der wirklich nicht die besten Ausgangsbedingungen hatte, macht mich ein bisschen fassungslos.“

Aufsteigerinnen und solche, die es werden wollen, sind für die FDP ein vielfach ungehobenes Wählerpotenzial. Auch in Bremen. Schäck erzählt von einer Podiumsdiskussion mit Schülerinnen und Schülern aus einem sozialen Brennpunkt. Sie wollten keine „Alimentierung“, sagt er.

Ob er sich vorstellen könne, Bildungssenator zu werden? „Wir wären bereit, das zu übernehmen“, sagt er. Einfach wird es nicht.

Nach der Bildaktion gehen Buschmann und er gemeinsam zum nächsten Termin. „Wie ist dein Gefühl?“, fragt ihn der Justizminister. „Gut“, sagt Schäck, und dann noch mal: „Gut.“

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