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Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sieht Russland im Kreis der G20 keineswegs isoliert.

© imago images/photothek

Eklat um G20-Treffen auf Bali: „Lawrow weiß, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht gegen Russland steht“

Lawrow will sich eine Rede Baerbocks nicht anhören. Nach Ansicht des CDU-Außenpolitikers Kiesewetter ist dies eine Machtgeste des russischen Außenministers.

Eigentlich hatte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beim Treffen der Außenminister der G-20-Staaten im Angesicht ihres Moskauer Amtskollegen Sergej Lawrow ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine fordern wollen. Aber es kam am Freitag bei der Konferenz der 20 führenden und aufstrebenden Wirtschaftsmächte auf der indonesischen Insel Bali anders.

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Lawrow hielt eine Rede, in der er die Politik des Westens im Ukraine-Krieg kritisierte. Anschließend war Baerbock mit ihrer Replik an der Reihe. Doch bevor sie ihre Rede  gegen den  völkerrechtswidrigen Krieg Russlands voll entfalten konnte, verließ Lawrow den Saal im Luxushotel Mulia. Anschließend kündigte Lawrows Sprecherin dessen Abreise an.

Russland sollte die Bühne nicht allein benutzen

Lange war im Kreis der G-7-Staaten, wo Deutschland gegenwärtig den Vorsitz führt, überlegt worden, wie man mit dem Außenministertreffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf Bali umgehen sollte. Nicht nur Russland gehört zum Kreis der G20, sondern auch Länder wie China und Indien. Die beiden Staaten haben sich im März bei der Abstimmung bei den Vereinten Nationen über die russische Invasion enthalten. Am Ende einigten sich die westlichen Staaten darauf, der diplomatischen Begegnung auf Bali nicht etwa fernzubleiben, sondern im Gegenteil Stellung zum Ukraine-Krieg zu beziehen. Russland sollte dort nicht alleine die Bühne überlassen bekommen, so  das Kalkül.

Lawrow „konnte sich den Aufbruch schlicht leisten“

Ist es nun ein Zeichen einer Isolation Russlands im Kreis der G20-Staaten, dass Lawrow das Treffen  vorzeitig verließ? Nach der Einschätzung des CDU-Außenpolitikers Roderich Kiesewetter ist das Gegenteil der Fall. „Lawrow weiß, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung, die von wenigen Staaten repräsentiert wird, nicht gegen Russland steht“, sagte er dem Tagesspiegel. Lawrow „konnte sich den Aufbruch schlicht leisten und zeigt damit, was er von den Kritikern hält“, so Kiesewetter. Seine vorzeitige Abreise sei kein Zeichen von Isolation und Schwäche, sondern von Machtbewusstsein.

Indonesien auf Vermittlungsmission

Bevor es zu dem Eklat kam, hatte sich die indonesische Außenministerin Retno Marsudi um eine möglichst neutrale Haltung bemüht. „Unsere Verantwortung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Und Brücken zu bauen und nicht Mauern“, sagte die Gastgeberin. Wie sie weiter ausführte, habe der Krieg in der Ukraine globale Auswirkungen für die Ernährung, die Energieversorgung und die Staatshaushalte.

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Marsudi machte einen allgemeinen Appell zum Frieden, unterließ aber eine eindeutige Kritik am Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Indonesien bemüht sich um eine Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine. Indonesiens Präsident Joko Widodo wird auf Bali im November das Treffen der Staats- und Regierungschefs der G 20 ausrichten. Zu dem Treffen hat der Staatschef  nicht nur Putin eingeladen, sondern auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Ob Putin im November nach Bali fliegt, ist offen

Ob Putin an der Begegnung auf Chef-Ebene teilnimmt, ist derzeit offen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt seine Teilnahme an der Konferenz  im November angedeutet. Der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, erklärte derweil auf Twitter, dass Putin angesichts des Eklats um die vorzeitige Abreise von Lawrow nun vor dem bevorstehenden Treffen im November werde überlegen müssen, „ob er überhaupt hinfliegt“.

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