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Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei einer Pressekonferenz zur Corona-Lage am vergangenen Freitag.

© Kay Nietfeld/dpa

„Lauterbach hilf!“: Wenn die Corona-Maßnahmen fallen, droht heilloses Chaos

Die Hotspot-Regelung ist vage. Offizielle Kriterien zur Ausweisung fehlen. Was der Gesundheitsminister tut, ist ein Witz. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rainer Woratschka

Normalerweise wünschen sich die Ministerpräsidenten möglichst viel Autonomie und wenig Hereingerede durch den Bund. Nun, in Corona- Zeiten, ist alles anders. Da rufen sogar diejenigen nach strengen Vorgaben aus Berlin, denen der Föderalismus sonst nie weit genug gehen konnte. Die Hotspot-Regeln im Infektionsschutzgesetz seien „viel zu schwammig“, klagt etwa Bayerns Gesundheitsminister.

Um regional im Fall des Falles weiterhin scharfe Corona-Beschränkungen juristisch wasserdicht anordnen zu können, brauche es bundesweit einheitliche Kriterien. Andere Länderfürsten stimmen ein in diesen Chor. „Lauterbach hilf!“, tönt es aus den Staats- und Senatskanzleien.

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Aus gutem Grund. Wenn am Wochenende die meisten Schutzbestimmungen fallen, droht heilloses Chaos. Das umstrittene Bundesgesetz sieht zwar vor, dass die Länder nach wie vor auf Maskenpflicht und strenger Zugangsregulierung bestehen können – aber eben nur in sogenannten Hotspots, wo die Parlamente eine „kritische Lage“ ausgemacht haben.

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Wann genau diese erreicht ist, lässt die Neuregelung ebenso offen wie die Frage, ob die Hotspot-Regelung räumlich eng begrenzt bleiben muss oder auch ganze Bundesländer umfassen kann. Egal, was die Länder nach dem 2. April also beschließen: Bei derart vager Formulierung laufen sie immer Gefahr, dass ihre Entscheidungen von den Gerichten wieder einkassiert werden.

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Das alles ist – angesichts der hohen Inzidenzen und der heftigen Emotionen beim Thema Coronaschutz – eine sehr ungute, um nicht zu sagen gefährliche Gemengelage. Sie hätte sich vermeiden lassen, wenn Justiz- und Gesundheitsminister an einem Strang gezogen und nicht in unterschiedliche Richtungen gewollt hätten.

Im Unternehmen „Freedom Day“ war von vornherein der Wurm drin

Gut möglich, dass sich pauschale und verbindliche Vorgaben für alle am Ende ebenfalls als nicht gerichtsfest erwiesen hätten. Aber man hätte sich an etwas mehr Konkretisierung zumindest versuchen müssen. So schiebt die Koalition den Ländern die Verantwortung zu und gibt sich, wenn’s vor Ort nicht klappt, unbeteiligt.

Allerdings war in dem Unternehmen „Freedom Day“ von vornherein der Wurm drin. Die einen sagen, Lauterbach habe sich von der FDP über den Tisch ziehen lassen, die anderen, dass er rechtlich nicht anders konnte.

Was der Minister jetzt tut, ist jedenfalls ein Witz. Er formuliert einfach mal vier Kriterien zur Ausweisung von Hotspots aus persönlicher Sicht, mit denen es schon klappen werde: dass planbare Eingriffe ausfallen, die Notfallversorgung gefährdet ist, in der Pflege Untergrenzen unterschritten werden oder Patienten in andere Kliniken verlegt werden müssen. Ohne Mindestzahlen, Grenz- und Schwellenwerte. Da werden sich die Juristen in den Landesregierungen bedanken.

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