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Fanatische Islamistinnen aus der Ära des IS in dem von Kurden bewachten Al-Hol-Camp in Syrien 2021.

© Foto: AFP/Delil SOULEIMAN

Kurdische Selbstverwaltung bestätigt: Bundesregierung holt IS-Frauen aus Syrien

Deutsche Islamistinnen werden nach Jahren in kurdischen Gefangenencamps nach Deutschland geflogen. Tausende Dschihadisten aber gefährden weiter die Autonomieregion in Nordost-Syrien.

Die Bundesregierung hat deutsche Staatsangehörige aus Nordost-Syrien zurückgeholt. Das bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, zuvor hatten „Spiegel“ und „Bild“ berichtet.

Das Bundeskriminalamt hat an der Rückholung der dem „Islamischen Staat“ (IS) zugerechneten Frauen mitgewirkt, nach Tagesspiegel-Informationen waren auch Beamte des gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in Berlin involviert. Details nannte das Innenministerium mit Hinweis auf Persönlichkeitsrechte und Jugendschutz nicht. Es soll sich um vier Frauen und sieben Kinder handeln, die seit Jahren in kurdischen Gefangenenlagern lebten.

Ein Vertreter der Selbstverwaltung der Autonomieregion im von Kurden dominierten Nordost-Syrien bestätigte dem Tagesspiegel den Vorgang. Die Selbstverwaltung wehrt sich derzeit gegen erstarkte IS-Untergrundzellen und türkische Drohnenangriffe.

Die Überstellung der Bundesbürger erfolgte dem „Spiegel“ zufolge mit einer Transportmaschine der US-Luftwaffe über Kuwait nach Frankfurt am Main. Gegen die Frauen wird in Deutschland unter anderem wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Die Bundesregierung hat bereits mehrfach IS-Anhängerinnen aus Syrien nach Deutschland zurückgeholt. Die Verfahren endeten oft mit Haftstrafen, den Dschihadistinnen waren brutale Verbrechen vorgeworfen worden.

Rückkehrerinnen hatten sich freiwillig dem IS angeschlossen

Viele der Rückkehrerinnen hatten sich vor Jahren freiwillig dem „Islamischen Staat“ angeschlossen. Als Einheiten der multiethnischen Militärallianz SDF den IS 2019 als Territorialmacht besiegten, wurden Tausende Dschihadisten aus diversen Staaten in riesigen Gefangenencamps untergebracht.

Die SDF, deren Hauptkraft die kurdischen Verbände YPG und YPJ sind, untersteht der international kaum anerkannten Selbstverwaltung der Autonomieregion. Seit 2012 regiert dort eine Koalition unter Führung der säkularen Kurdenpartei PYD, der auch Vertreter arabischer und christlicher Parteien angehören.

Weil die PYD als Schwesterorganisation der Kurdischen Arbeiterpartei PKK gilt, distanzierte sich aus Rücksicht auf den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan auch die Bundesregierung von der PYD. Die PKK kämpft in der Türkei um kurdische Autonomie und ist auch in Deutschland verboten.

Punktuell trafen deutsche Spitzenbeamte aber seit einigen Jahren durchaus Absprachen mit der Selbstverwaltung, wie nicht zuletzt der aktuelle Fall zeigt.

Immer wieder hatten die Kurden in Syrien und Irak darum gebeten, dass die internationalen Dschihadisten von ihren Heimatstaaten aufgenommen werden. Alternativ mögen die Staaten ein internationales Tribunal vor Ort unterstützen.

Wie der „Spiegel“ schreibt, befand sich an Bord des Fliegers nach Frankfurt auch ein 20-Jähriger Mann aus Hamburg. Er war demnach von seiner Mutter als Jugendlicher zum IS verschleppt worden. Um zu verhindern, dass er sich in dem Gefangenencamp unter islamistischen Fanatikern radikalisiert, ist die Bundesregierung in seinem Fall von ihrer Linie abgewichen, nur Frauen und Kinder zurückzuholen.

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