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Abgesetzt: Tihomir Oreskovic.

© dpa

Politische Krise: Kroatien ohne Regierung

Nach der Absetzung von Premier Tihomir Oreskovic sprechen sich die Parteien für Neuwahlen aus.

Die schwere politische Krise im jüngsten EU-Mitgliedsland Kroatien hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Das Land steuert auf Neuwahlen zu. Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic sprach sich am Freitag nach Konsultationen mit den Vertretern der Parteien in Zagreb dafür aus, dass bald über die Auflösung des Parlaments abgestimmt werden soll.

Sie kam zu dem Schluss, dass keine der Parteien die notwendige Unterstützung von 76 Mandataren für die Bildung einer Regierung hinter sich hat. Die Mehrheit der Abgeordneten sei für Neuwahlen, sagte Grabar-Kitarovic.

Die Entscheidung der Präsidentin für Neuwahlen kommt nur einen Tag nachdem das Parlament für die Absetzung von Premier Tihomir Oreskovic gestimmt hatte und damit die Regierung, die erst seit Januar im Amt war, endgültig zu Fall brachte. Die oppositionellen Sozialdemokraten hatten sich bereits für rasche Neuwahlen ausgesprochen.

Neuwahlen könnten im September kommen

Sie wollen gemeinsam mit den Abgeordneten von Most (zu deutsch: Brücke), dem Juniorpartner in der Regierung, für die Auflösung des Parlaments stimmen. Am Freitag hieß es, dass die Abstimmung bereits kommenden Montag stattfinden soll. Die Neuwahlen dürften vermutlich im September stattfinden. Grundsätzlich gilt eine Frist von 30 bis 60 Tagen nach der Auflösung des Parlaments.

Der Chef der Sozialdemokraten (SDP), Zoran Milanovic, hatte am Donnerstag die Möglichkeit einer großen Koalition mit der christlich-konservativen HDZ ins Spiel gebracht – aber dieses Angebot dürfte nur für den Fall gelten, dass die SDP die Führung übernehmen würde.

Die in der Geschichte Kroatiens einmalige Abwahl des gerade erst vereidigten Regierungschefs war von der HDZ initiiert worden. Sie wollte damit schwere Korruptionsvorwürfe gegen ihren Vorsitzenden Tomislav Karamarko kontern. Karamarko war auch einer der beiden Vize-Regierungschefs Kroatiens. Der zweite Vize war von Most gestellt worden.

Rücktritt nach Korruptionsaffäre

Auch innerhalb der HDZ gibt es viele, die mit dem Kurs von HDZ-Chef Karamarko unzufrieden sind. Er wird wohl nicht als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten antreten. Der unpopuläre Karamarko musste wegen einer Affäre um die Zahlung von 60 000 Euro an seine Ehefrau Anna Karamarko von Lobbyisten des ungarischen Erdölkonzerns Mol als Vizepremier zurücktreten.

Karamarko hatte die HDZ in den vergangenen Jahren nach rechts geführt. Für die ökonomische Entwicklung des Adria-Staates, der seit Jahren in einer schweren Wirtschaftskrise steckt, hatte er sich nach Einschätzung von Experten kaum engagiert. Der scheidende Regierungschef Oreskovic machte denn auch in seiner letzten Rede vor den Abgeordneten Karamarko für das Scheitern des Kabinetts verantwortlich. „Karamarko haben die Wirtschaftsprobleme und die Reformen nicht interessiert“, er habe vielmehr seine eigenen Interessen über die des Staates gestellt.

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