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Der inzwischen verstorbene Ludwig Baumann war Vorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz.

© dpa/Daniel Bockwoldt

Bei Aufenthalt im Pflegeheim: Kritik an Kürzung von NS-Opferrenten

Überlebende des NS-Terrors erhalten vom Staat eine Rente – die fällt allerdings geringer aus, wenn die Empfänger in ein Heim kommen. Der Sohn des verstorbenen Wehrmacht-Deserteurs Ludwig Baumann soll nun 4000 Euro zurückzahlen.

Die Bundesregierung hält trotz scharfer Kritik an der Praxis fest: NS-Opfern werden die Opferrenten bei einem Pflegeheimaufenthalt um fast die Hälfte gekürzt. „Eine Änderung ist nicht vorgesehen“, teilte ein Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) der Deutschen Presse-Agentur mit.

Der Sohn des Anfang Juli in Bremen verstorbenen Wehrmacht-Deserteurs Ludwig Baumann soll rund 4.000 Euro an demnach zu viel erhaltener Opferrente zurückzahlen. „Das ist ein Unding, das geht gar nicht“, sagte André Baumann der dpa. Die Begründung dafür sei, dass man im Heim ja voll versorgt werde. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Fraktion, Jan Korte, sprach von einem Skandal.

„Es ist sehr beschämend, dass hochbetagten Überlebenden des NS-Terrors in ihren letzten Lebensjahren so eine Diskriminierung angetan wird“, sagte Korte der dpa. „Das erlittene Unrecht wird ja nicht kleiner, wenn der Betroffene ins Pflegeheim gehen muss“. Die Linke wolle das revidieren. „Ich hoffe, dass sich eine breite Mehrheit im Bundestag unserer Forderung anschließen wird“, betonte Korte.

Baumann bezog seit 1993 NS-Opferrente, zuletzt 660 Euro monatlich – dies war in ein "Heimtaschengeld" von 352 Euro umgewandelt worden, wie aus Schriftwechseln hervorgeht, die der dpa vorliegen. Da aber der genaue Zeitpunkt des Umzugs ins Heim offensichtlich zunächst nicht bekannt war, kam es zu der Nachforderung an den Sohn Baumanns.

Der Ministeriumsprecher betonte, bei einem Umzug aus einer Wohnung in ein Alten- oder Pflegeheim würden die bedarfsorientierten Leistungen der Härterichtlinie des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes angepasst, „da insbesondere andere Einrichtungen hinzutreten, die anfallende Kosten übernehmen und sich dadurch die Bedarfsstruktur ändert.“

Ludwig Baumann (l.) mit dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (2.v.l.), dem Bildhauer Volker Lang und der Kultursenatorin Barbara Kisseler am Deserteurdenkmal in Hamburg

© dpa/Daniel Bockwoldt

In den Bewilligungsbescheiden würden die betroffenen Personen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Wechsel in ein Pflegeheim mitzuteilen sei. „Wenn diese Anzeige jedoch über einen längeren Zeitraum unterbleibt, kann sich gegebenenfalls ein entsprechender Rückforderungsbetrag aufbauen.“ Die Gesamtaufwendungen im Jahr 2017 für NS-Opferrenten und Entschädigungen an Euthanisieopfer oder Zwangssterilisierte betrugen 733.532,13 Euro. Die durchschnittliche Leistung in diesen Fällen betrage circa 600 Euro monatlich, hieß es. (dpa)

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