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Portugals ehemaliger Ministerpräsident José Socrates wurde am Freitag festgenommen.

© AFP

Update

Portugal: Ex-Premier in Haft: Korruptionsskandal erfasst José Socrates

Im Zuge eines Korruptionsskandals in Portugal ist jetzt Ex-Regierungschef José Socrates festgenommen worden. Socrates ist seit Anfang der 90er Jahre immer wieder mit Korruptionsfällen in Verbindung gebracht, aber nie offiziell verdächtigt worden.

Portugal ist geschockt: Ein ehemaliger Ministerpräsident wird am Flughafen festgenommen, das ist in der Geschichte des Landes noch nicht vorgekommen. Die Vorwürfe, die der Staatsanwalt in Lissabon nach der Festnahme am Freitag der Öffentlichkeit präsentierte, sind massiv: Ex-Premier José Socrates soll sich der Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption schuldig gemacht haben. Der 57-Jährige sei einer von vier Verdächtigen, die in den vergangenen Tagen festgenommen worden seien. Socrates soll heute dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden. Die Ermittlungen drehen sich laut Staatsanwaltschaft um Bankgeschäfte und Transfers von Geld unbekannter Herkunft.

Auch Journalisten, die politisch sehr gut vernetzt sind, haben nichts von den Ermittlungen gegen den Socrates geahnt. Allerdings gibt es in den portugiesischen Medien inzwischen bereits Vermutungen, was die Ermittlungsbehörden auf die Spur des Ex-Regierungschefs gebracht haben könnte. Nach seinem Rücktritt 2011 war er nach Frankreich gezogen und hatte sich dort angeblich für mehrere Millionen Euro eine Immobilie gekauft. Insgesamt lebte Socrates zwei Jahre in Paris ohne zu arbeiten, er studierte - damals wurde in Portugal viel darüber spekuliert, wie sich Socrates seinen gehobenen Lebensstil in einer der teuersten Städte der Welt leisten konnte. Untersuchungen brachten damals aber kein Ergebnis. Nach zwei Jahren kehrte Socrates nach Lissabon zurück. Seitdem hat er eine wöchentliche TV-Show bei RTP, einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Portugal, und arbeitet als Berater.

José Socrates war in der Vergangenheit immer wieder mit Korruptionsfällen in Verbindung

Bereits seit den 90er Jahren war Socrates als aktiver Politiker immer wieder in Verbindung mit Korruptionsfällen gebracht worden, ohne dass er je offiziell als Verdächtiger behandelt wurde. Dabei ging es laut portugiesischen Medienberichten unter anderem um Genehmigungen für Projekte, die er als Umweltminister erteilt hatte.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft nahmen im Laufe der Ermittlungen mehr als 60 Beamte von Justiz, Zoll und Polizei Durchsuchungen an mehreren Orten vor. Ein Zusammenhang zur Operation "Monte Branco" bestehe nicht, hieß es. Bei den damaligen Ermittlungen war im Juli der frühere Chef der portugiesischen Bank Espirito Santo, Ricardo Salgado, festgenommen worden.

Auch Innenminister zurückgetreten: Ausländische Investoren wurden bei der Visa-Vergabe bevorzugt

Vor einer Woche war in Portugal ein Korruptionsskandal bekannt geworden. Mehrere hochrangige Beamte wurden festgenommen, weil ausländische Investoren bei der Vergabe von Visa bevorzugt worden waren. Der Skandal erschütterte auch die Regierung, Innenminister Miguel Macedo trat am vergangenen Sonntag zurück.
Der Sozialist Socrates war von 2005 bis 2011 Ministerpräsident in Portugal. Er leitete im Zuge der Euro-Krise unpopuläre Sparmaßnahmen zur Sanierung des Staatshaushaltes ein. Als das Parlament im März 2011 seiner Minderheitsregierung die Zustimmung zum vierten Sparpaket binnen eines Jahres verweigerte, trat Socrates zurück. Die Parlamentswahl im selben Jahr gewannen die konservativen Sozialdemokraten. Die Mitte-rechts-Koalition unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho setzte die Sparpolitik fort. Dabei kam es auch zu milliardenschweren Privatisierungen unter der Aufsicht der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds. (mit AFP)

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