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Kämpfer in der zerstörten Stadt Rakka im Oktober 2017.

© Asmaa Waguih/AP/dpa

Kampf gegen Terrormiliz IS: Koalition der USA soll in Rakka viel mehr Zivilisten getötet haben

Nach Angaben der US-geführten Koalition starben bei der Befreiung der IS-Hochburg Rakka 159 Zivilisten. Amnesty zufolge ist die Zahl zehnmal so hoch.

Bei den monatelangen Luftangriffen der internationalen Koalition gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) auf die nordsyrische Stadt Raka sollen einer neuen Studie zufolge mehr als 1600 Zivilisten getötet worden sein. Die US-geführte Koalition habe nur rund ein Zehntel dieser Opfer anerkannt, erklärten Amnesty International und die Organisation Airwars bei der Veröffentlichung der Studie am Donnerstag und forderten eine unabhängige Untersuchung.

Amnesty und die Beobachtergruppe Airwars forderten die an dem Vorstoß im Jahr 2017 beteiligten Länder - die USA, Großbritannien und Frankreich - am Donnerstag zur Gründung eines Fonds auf, um die Angehörigen der Opfer zu entschädigen. Sie begründeten dies damit, dass bei den Luftangriffen vermutlich gegen Völkerrecht verstoßen worden sei. Amnesty und Airwars hatten 18 Monate lang die zivilen Todesfälle in der Region dokumentiert.

Die Terrormiliz IS hatte Rakka 2014 erobert. Die Stadt bildete gemeinsam mit Mossul im Irak eine der zentralen Achsen in dem vom IS ausgerufenen Kalifat, das rund ein Drittel von Syrien und dem Irak einnahm. Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten von Juni bis Oktober 2017 mit Luftangriffen die Rückeroberung Rakkas durch die Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDF) unterstützt. Die beteiligten Länder haben stets beteuert, darauf zu achten, dass möglichst keine Zivilisten getötet werden.

"Viele Bombenangriffe waren ungenau, Zehntausende Artillerieattacken erfolgten willkürlich", kritisierte Donatella Rovera von Amnesty. Airwars-Direktor Chris Woods forderte, dass die Koalition aufklären müsse, was im Zuge der Offensive schief gelaufen sei und wie es zu dieser hohen Zahl an zivilen Opfern kommen konnte.

Die Studie basiert nach Angaben der beiden Organisationen auf ausführlicher Feldforschung und der Auswertung von mehr als zwei Millionen Satellitenbildern und tausender Posts in den Online-Netzwerken. An der Datenanalyse beteiligten sich demnach mehr als 3000 Aktivisten. So konnten mehr als 1600 Opfer festgestellt werden, von denen mehr als tausend namentlich identifiziert worden seien.

Bisher keine Untersuchung der Koalition

Die Koalition habe aber nur den Tod von 159 Zivilisten bestätigt, während sie die Angaben zu den anderen Toten als "unglaubwürdig" abgetan habe, erklärte Amnesty. Eigene Untersuchungen unternahm die Koalition demnach nicht. Amnesty zufolge flog die Militärallianz zahlreiche Luftangriffe auf Wohngebiete, wodurch ganze Familien getötet worden seien. Zudem sei der Artilleriebeschuss zumeist ungelenkt und daher ungenau gewesen. Amnesty zufolge waren viele der Angriffe wahrscheinlich Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.

Das Militärbündnis erklärte, alle Vorwürfe würden geprüft. "Die Koalition trifft alle vernünftigen Maßnahmen, um die Zahl ziviler Opfer zu minimieren. Wir führen Präzisionsangriffe aus mit eingehender Überwachung", sagte ein Sprecher. (AFP, Reuters, dpa)

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