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Auge in Auge mit dem Eisbär, dem der Mensch mit seinem Verhalten die Lebensgrundlagen entzieht.

© picture alliance / dpa-tmn

Klimawandel: Warum tun wir nicht mehr?

Flugreisen trotz Klimaerwärmung, Plastik trotz vermüllter Meere - unser Konsum ist nicht rational. Lesen Sie am Sonntag, was die Psychologie damit zu tun hat

Weniger Untergangsszenarien, eine neue Herangehensweise und mehr Mut zur wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenarbeit sind Instrumente dafür, wie Menschen sich mehr gegen den Klimawandel engagieren können. Das ist ein Ergebnis unserer Recherchen und Gespräche mit verschiedenen Experten zum Thema. In unserer Tagesspiegel-Sonntagsausgabe gehen wir der Frage nach, warum wir Menschen so viel wie nie zuvor über den Klimawandel und seine Gefahren wissen, aber trotzdem so wenig tun. Alle befragten Experten, wie etwa der Präsident der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie Arno Deister, der Pro-Klima-Veteran George Marshall oder der Direktor der „Stiftung Zukunftsfähigkeit – Futurzwei“ Harald Welzer, sind überzeugt davon, dass es vor allem kontraproduktiv sei, den Menschen mit Untergangsszenarien Angst zu machen. Denn die Angst, vor allem Kontrollverlustängste, sind eine wichtige Ursache, warum Menschen scheinbar irrational handeln. Diese Ängste sind evolutionär und bestimmen in vielerlei Formen auch unser Verhalten. Allerdings ist dieses Verhalten neu erlernbar. Das ist die gute Nachricht.

Psychotherapeuten sprechen auch von der "Verrücktheit der Verhältnisse", denn unsere verzerrte Realitätswahrnehmung dient zur Abschottung vor genau dieser Realität, die wiederum, das ist die Angst, nicht aushaltbar oder veränderbar, beeinflussbar sein könnte. Das Erkennen der Gefahr und gleichzeitiges Vermeidungsverhalten sind zwei verschiedene Seiten derselben Medaille. Studien zeigen, dass Menschen beim Klimawandel ähnlich reagieren wie bei der weltweiten Flüchtlingsfrage. Sie schotten sich ab, verfallen in Nationalismen, in Ethnozentrismus, geben die Schuld anderen Gruppen. Zudem ist die Klimadebatte nicht nur unbewusst emotional aufgeladen, sondern wird auch ideologisch geführt. George Marshall fordert deshalb eine völlig neue Herangehensweise, das Aufeinanderzugehen von politischen Gruppen, vor allem der Linken auf Konservative, um gemeinsame Identitäten für den Kampf gegen den Klimawandel zu finden, wie etwa: Menschlichkeit, Sorge um die Zukunft der eigenen Kinder.

"Es gibt keine Idee für ein umweltschonendes Wirtschaftssystem"

Der Sozialpsychologe Harald Welzer macht im Interview mit dem Tagesspiegel vor allem die Politik für die Situation verantwortlich. Er sagt: "Wir haben gar keine Klimaschutzpolitik. Hätten wir eine, hätten wir immer weniger Emissionen – haben wir aber nicht, im Gegenteil." Welzer fordert zudem ein Umdenken der Gesellschaft, die sich selbst belüge: "Es gibt keine Idee für ein Wirtschaftssystem, das dieses Ausmaß an Lebenssicherheit gewährleistet und zugleich umweltschonend ist." Es sei die Herausforderung des 21. Jahrhunderts, dass wir unsere Form von freier und sicherer Gesellschaft auf eine andere materielle Basis stellen.

Sonntag im Tagesspiegel: Martenstein, die Klimasau!

Welzer, wie auch George Marshall, der Gründer des Pro-Klima-Instituts "Climate Outreach", glauben, dass nur die fachübergreifende Zusammenarbeit von Experten aus allen Bereichen eine Wende herbeiführen kann. Welzer sagt: "Wir müssen nach vorn schauen und Handlungsspielräume deutlich machen. Haben wir eine Sozialwissenschaft, die sich mit positiver Veränderung von Gesellschaft beschäftigt? Haben wir eine Wirtschaftswissenschaft, die sich mit Nicht-wachstumsbasierten Ökonomien beschäftigt? Haben wir eine Geschichtswissenschaft, die erklärt, wie Gesellschaften sich aus Krisensituationen wie der aktuellen herausgearbeitet haben? Nein, jedenfalls viel zu wenig. Die ver-naturwissenschaftlichte Debatte macht auch die Kommunikation so schwierig."

In unserer Sonntagsausgabe erklären wie auf einer Doppelseite im Politikteil, warum wir die Psychologie hinter unserem Verhalten verstehen müssen, wenn wir einen wirklichen Wertewandel herbeiführen wollen. Ohne diesen Wandel sagen etwa Klimapsychologen, beispielsweise weg von erlernten Mechanismen wie der Fixierung auf Wachstum, Leistung und Wohlstand, werden wir den Klimawandel und andere globalen Probleme nicht bekämpfen können. Ebenfalls auf der Doppelseite schreibt Tagesspiegel-Autor Harald Martenstein über seine persönlichen Ansichten und gesteht: "Ich bin eine Klimasau."

Sie finden unsere Doppelseite zum Thema, zusätzlich mit Tipps von unserer Klimaexpertin Susanne Ehlerding, was man persönlich tun kann, in der Tagesspiegel-Sonntagsausgabe oder am Samstag ab 18 Uhr im E-Paper.

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