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Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Vorbereitungstreffen für die Weltklimakonferenz in Dubai im Auswärtigen Amt.

© imago/photothek/IMAGO/Thomas Koehler

Klimaschutz in der Außenpolitik: Wie die Regierung international Einfluss sichern will

Deutschlands neue Klimaaußenpolitik soll auch geo- und wirtschaftspolitischen Interessen helfen und einen Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen erwirken - in anderen Ländern.

Sehr prominent hat die Bundesregierung am Mittwoch ihre erste Strategie zur Klimaaußenpolitik vorgestellt. Am Vormittag hatte das Bundeskabinett in Berlin das neue Projekt verabschiedet, auf der Weltklimakonferenz in Dubai präsentierten es gleich mehrere Staatssekretäre der Presse. Auch ein Foto gibt es – darauf zu sehen sind die Ministerinnen für Umwelt, Außenpolitik, Entwicklungszusammenarbeit, der Wirtschaftsminister und Bundeskanzler Olaf Scholz, die allesamt das Strategieheft in der Hand halten.

Auf 74 Seiten legt die Bundesregierung darin dar, wie sie ihrer gesamten Außenpolitik in Zukunft einen Klimaschutz-Anstrich geben möchte. Dabei definiert sie Ziele – von der Entwicklungszusammenarbeit über die Industrie, die Energiewende, Gesundheit, Bildung, Forschung und Entwicklung. Eine neue Koordinierungsrunde der Staatssekretäre soll die Strategie zur Klimaaußenpolitik ressortübergreifend umsetzen. Bis Ende 2024 sollen außerdem alle internationalen Partnerschaftsabkommen durchleuchtet werden, ob sie die gewünschte Wirkung erzielen. Damit habe Deutschland „die umfassendste Strategie weltweit“ geschaffen, sagte Klimastaatssekretärin Jennifer Morgan in Dubai.

Dahinter stecken nicht nur philanthropische Gründe, sondern es geht auch um geopolitischen Einfluss. „Gerade in diesen Zeiten geht es eben nicht nur um Klimapolitik, sondern – wenn man Klimaschutz nicht so ernst nimmt – auch um Wirtschaftspolitik und um Geopolitik“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock vor wenigen Tagen im Bundestag. Man wolle Gräben der Machtpolitik überwinden und Vertrauen bei seinen Partnern schaffen, denn das sei „dieser Tage in den internationalen Beziehungen wichtiger denn je“.

Das freut etwa die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch: „Heute hat die gesamte Bundesregierung mit Beteiligung von Bundesfinanzminister Lindner beschlossen, dass Klimaaußenpolitik in Deutschlands wirtschaftlichem wie sicherheitspolitischem Interesse liegt“, sagte Alexandra Goritz, Referentin für Klimaaußenpolitik.

Als „pragmatisch“ begrüßte auch Sabine Minninger, Klimaexpertin der Organisation Brot für die Welt, die Strategie zur Klimaaußenpolitik: „Alle Ministerien erkennen erstmals gemeinsam die reellen Bedürfnisse und Anliegen der ärmsten Bevölkerungsgruppen in der Klimakrise an.“ Dabei würden „alle wichtigen Schnittstellen“ adressiert. Großes Lob auch vom WWF. Die Klimaschutzorganisation freute sich über „klare Umsetzungsstrukturen, ein umfassendes Monitoring und die finanzielle Sicherung.“

Durch Instrumente wie der Klimafinanzierung, der Außenwirtschaftsförderung oder dem jüngst ins Leben gerufenen Klimaclub versucht Deutschland in Zukunft, Klimaschutz in allen internationalen Foren zu verankern. Das gelte für die Vereinten Nationen, aber auch im kleineren Wirkungskreis, also bei den G20, G7 und natürlich der EU. In letzterer solle eine 2022 von Deutschland und Dänemark gegründete Freundesgruppe „zum Schrittmacher für eine ambitionierte Klimadiplomatie“ werden.

Das Wichtigste ist die Festschreibung des gemeinsamen Ausstiegs aus den fossilen Energien, insbesondere zuerst im Energiesektor.

Außenministerin Annalena Baerbock

Auch global möchte Deutschland wirken, etwa durch den „Klimaclub“, einem Herzensprojekt von Olaf Scholz. Geplant ist ein Zusammenschluss von Staaten bei der CO2-Bepreisung, ähnlich einem Zollabkommen. Der Club solle genutzt werden, heißt es in der Strategie, um grüne Leitmärkte zu schaffen. Ein erster Schritt dazu sei eine Angleichung von Methoden, Standards und sektoralen Strategien etwa für Zement oder Stahl.

Das „Allerwichtigste“, hatte Baerbock aber im Parlament betont, sei „die Festschreibung des gemeinsamen Ausstiegs aus den fossilen Energien, insbesondere zuerst im Energiesektor“. Dafür setzt sich die EU derzeit auch auf der COP28 in Dubai ein – auf vergangenen COPs hat es aber gerade einmal ein Bekenntnis zu einer „schrittweisen Minderung“ der Kohlenutzung in die Abschlusserklärungen geschafft.

Vollständig grün ist die Strategie aber nicht

Laut Strategie zur Klimaaußenpolitik möchte Deutschland nun durch seine Partnerschaften (beispielsweise seinen vier „Just Energy Transition Partnerships“) darauf hinwirken, dass andere Länder ihre nationalen Klimapläne auf einen 1,5-Grad-Pfad bringen. Auch das Ziel einer Verdreifachung des Erneuerbaren-Ausbaus und eine Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030 sollen sie darin aufnehmen. Man wolle „einen vollständig oder überwiegend dekarbonisierten weltweiten Stromsektor in den 2030er Jahren anstreben, was keinen Raum für neue Kohlekraftwerke übrig lässt“, heißt es im Dokument. Deutschland möchte sich daher auch für ein „globales Emissionshandelssystem“ einsetzen.

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Vollständig grün ist die Strategie allerdings nicht. Denn auch Projekte für blauen, türkisen und orangen Wasserstoff sollen gefördert werden, um den Markthochlauf zu unterstützen. Dies solle „in begrenztem Umfang“ und unter Berücksichtigung von „ambitionierten Treibhausgas-Grenzwerten“, einschließlich der Emissionen der Vorkette, geschehen. Auch Erdgas findet sich in der Strategie zur Klimaaußenpolitik.

In besonderen Einzelfällen, „wenn dies für die nationale Sicherheit oder geostrategische Versorgungssicherheitsinteressen notwendig“ ist, sollen auch Gas-Projekte unterstützt werden – vorausgesetzt, der 1,5-Grad-Pfad werde eingehalten. Auch technische CO2-Speichertechnologien (CCS) werden nicht ausgeschlossen, aber „hierbei ist uns wichtig, dass diese Technologien nicht zur Verzögerung von Klimaschutzmaßnahmen dienen sollten“.

Keine neuen Finanzzusagen in der Klimaaußenpolitik

Ansonsten widmet sich die Strategie vor allem dem Schutz der Lebensgrundlage und Gesundheit in anderen Staaten. Dazu verweist die Bundesregierung auf den Fonds für Schäden und Verluste, zu dem sie zu Beginn der COP28 einen Zuschuss von 100 Millionen Euro zugesagt hat. Man bleibe „guter und verlässlicher Partner in der internationalen Klimafinanzierung“, heißt es im Papier. In den Grünen Klimafonds zahlte die Bundesrepublik in den vergangenen drei Jahren 1,5 Milliarden Euro, für dessen Auffüllung hat sie weitere zwei Milliarden zugesagt.

Neues Geld ist im Rahmen der Strategie zur Klimaaußenpolitik allerdings nicht vorgesehen: Die Beteiligung am Ziel der Industriestaaten, jährlich 100 Milliarden Dollar an Klimafinanzierung bereitzustellen, soll aufrechterhalten werden. Das heißt, dass Deutschland plant, auch in den kommenden Jahren das Niveau von sechs Milliarden Euro zu halten. Das reicht aus Sicht von Vera Künzel, Referentin für Anpassung bei Germanwatch, nicht aus.

Denn schon im nächsten Jahr soll ein neues Ziel für die globale Klimafinanzierung gesetzt werden, das beträchtlich über den jetzigen 100 Milliarden liegen dürfte. „Die Bedarfe der besonders verwundbaren Länder müssen hier die Richtschnur sein. Die Ankündigung der Bundesregierung, lediglich das Niveau von sechs Milliarden Euro halten zu wollen, reicht nicht aus”, so Künzel. Ein fairer Beitrag, so schlägt der WWF vor, seien jährlich eher acht statt sechs Milliarden Euro.

Zudem werde die Regierung jedes Jahr mindestens fünf Prozent der für humanitäre Hilfe vorgesehenen Mittel für „vorausschauende humanitäre Hilfe“ einzusetzen, etwa in Sachen Klimawandelanpassung. Priorisiert werden durch alle Förderungsinstrumente hinweg naturbasierte Lösungen wie Wassermanagement, Biodiversität und lokale Ansätze. Etwa in der Landwirtschaft, wo die regionale Produktion von Stickstoffdünger „mit nachhaltiger Wasserstofftechnologie“ und ein nachhaltiges Boden- und Nährstoffmanagements in Afrika und Südamerika gefördert werden soll. Besonders in Afrika und den Regenwaldstaaten möchte Deutschland die Ökosysteme schützen und wiederherstellen – bis 2030 soll etwa die Abholzung des Regenwaldes gestoppt werden.

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