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Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hält Ausschau nach den Klimaschutzbeiträgen ihrer Kollegen in der Regierung.

© Wolfgang Kumm/dpa

Klimaschutz: Deutschland verfehlt sein Klimaziel 2020

Der Klimaaktionsplan 2020 reicht nicht aus, um die Treibhausgasemissionen bis 2020 wie geplant zu senken. Das zeigt der Klimaschutzbericht 2016, den Umweltministerin nun zur Debatte stellt.

Kaum ist die Diskussion um den langfristigen Klimaschutzplan 2050 erledigt, beginnt die Diskussion um das näher liegende Klimaziel 2020. Noch vor Weihnachten will die Regierung ihren „Klimaschutzbericht 2016“ vorlegen. Der erste Entwurf liegt vor, und das Ergebnis ist durchwachsen. Mit dem 2014 verabschiedeten Klimaaktionsprogramm 2020 ist das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken, nicht erreichbar. In dem Bericht, der dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dass 70 Prozent der mehr als 100 Einzelmaßnahmen des Aktionsplans bereits umgesetzt seien.
2015 lag der deutsche Treibhausgasausstoß bei 908 Millionen Tonnen CO2. 2020 sollen es 750 Millionen Tonnen sein.

Da fehlen noch 158 Millionen Tonnen. Ein Teil dieser Lücke wird durch die Wirkungen der Klimapolitik vor 2014 erreicht, ein Teil mit dem Klimaaktionsprogramm. Am Ende bleibt aber immer noch eine Lücke. Da im kommenden Jahr gewählt wird, und die Regierung in diesem Jahr ihr Klimaaktionsprogramm nicht mehr verschärfen will, dürfte der Folge-Regierung 2018 nicht viel anderes übrig bleiben, als weitere Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen, wenn sie ihre Klimaverpflichtungen einhalten will.

Der volkswirtschaftliche Nutzen des Klimaplans ist groß

Dabei müsste Deutschland gar keine Angst vor einem ehrgeizigeren Klimaschutz haben, findet Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Bevor ihr Haus am Donnerstag mit den Interessenverbänden über den Bericht diskutieren will, veröffentlichte sie am Mittwoch eine Studie des Unternehmensberaters PWC, den sie damit beauftragt hatte, das Aktionsprogramm volkswirtschaftlich zu bewerten. Das Ergebnis: „Das Klima-Aktionsprogramm wirkt wie ein Konjunkturpaket“, sagt Hendricks.

Die Einsparungen durch verminderte Energie-Importe seien höher als die Kosten für Investitionen in Energieeffizienz, stellt PWC in dem Gutachten fest. Das seien allein für die privaten Haushalte 26 Milliarden Euro eingesparter Energiekosten. Bis 2020 werde das Programm über seine Laufzeit von 2014 an einen Prozentpunkt Wirtschaftswachstum generiert haben, heißt es da. Rund 430 000 zusätzlicher Arbeitsplätze entstünden durch die Umsetzung des Plans.
Das Saarbrücker Forschungsinstitut Izes hat indes im Auftrag von Umweltverbänden in seiner Bewertung der Wirkung des Programms eine noch größere Klimaschutzlücke errechnet. Christoph Bals von Germanwatch fordert deshalb „vor 2020 noch weitere Kohlekraftwerke abzuschalten“, nur so lasse sich diese Lücke füllen.

Vor allem der Verkehr erfüllt die Erwartungen nicht

Ein Blick in das Begleitgutachten für den Klimaschutzbericht zeigt, dass insbesondere die vom Verkehrsministerium zu erbringenden zehn Millionen Tonnen zusätzlicher CO2-Einsparungen wohl kaum zusammenkommen werden. Sämtliche vom Öko-Institut auf ihre Klimawirkung hin bewerteten Einzelmaßnahmen aus dem Verkehrsprogramm bringen eine geringere CO2-Minderung, als sie von der Bundesregierung abgeschätzt worden war. Die Vorsitzende des Umweltausschusses, Bärbel Höhn (Grüne) sagte dem Tagesspiegel deshalb: „Der Klimaschutzbericht der Bundesregierung zeigt deutlich: Der Verkehrssektor trägt nichts zum Klimaschutz bei und der Bundesverkehrswegeplan betoniert diesen Zustand für weitere 15 Jahre. Das ist fatal und ein Armutszeugnis.“

PWC hat von den insgesamt 107 Einzelmaßnahmen des Klimaaktionsprogramms 79 in ihrer wirtschaftlichen Wirkung bewertet. Viele lassen sich weder finanziell noch vom Klimanutzen genau kalkulieren. Das gilt insbesondere für den Europäischen Emissionshandel, dessen Reform noch verhandelt wird.

2015 stiegen die Braunkohleemissionen und die Stromexporte erneut an

Derweil zeichnet sich ab, dass der Stromexport 2015 noch einmal zugenommen hat. Nach Tagesspiegel-Informationen hat Deutschland 51 Terawattstunden Strom mehr exportiert als importiert. Das war überwiegend Strom aus Braunkohlekraftwerken, deren CO2-Ausstoß auf 163 Millionen Tonnen anstieg.

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