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Der Protest in Madrid war vor allem eins: jung

© Cristina Quicler/AFP

Klimagipfel in Madrid: Die Rebellion der Kinder

Nach den wortgewaltigen Appellen ist nun Handeln gefragt. Greta Thunberg kritisiert vor Zehntausenden, "halbe Gipfeltreffen" ohne konkrete Beschlüsse.

Die junge Generation macht auf dem UN-Klimagipfel in Madrid Druck. Am Freitagabend demonstrierten Zehntausende überwiegend junge Menschen auf dem Fridays-for-Future-Marsch in der spanischen Hauptstadt. Angeführt von der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg forderten die Demonstranten, dass die Klimakonferenz COP25 mit konkreten Zusagen für eine drastische Reduzierung der Treibhausgase enden müsse. „So kann es nicht weitergehen“ sagte die 16-Jährige unter großem Beifall der Menge. „Menschen sterben wegen der Klimakrise.“

Es war nach Schätzung spanischer Medien die größte Kundgebung für den Umweltschutz, die Spanien bisher gesehen hat. Die Angaben über die Teilnehmerzahlen schwankten stark: Die Organisatoren sprachen von rund 500 000 Personen. Die Polizei zählte derweil nur 15 000 Menschen, was Beobachtern angesichts des Massenandrangs im Zentrum der Stadt sehr niedrig gegriffen schien. Spanische Medien sprachen am Samstag wegen der großen Diskrepanz von einem „Krieg der Zahlen“. Das Gedrängel war stellenweise so heftig, dass Greta Thunberg vorübergehend „aus Sicherheitsgründen“ den Protestzug verlassen musste. Insgesamt hatten 850 Organisationen zum großen „Marsch für das Klima“ aufgerufen.

Thunberg, die durch ihr Engagement zum Idol der globalen Klimaschutzbewegung aufstieg, warf den Politikern auf der Abschlusskundgebung vor, nicht genügend gegen die Erderhitzung zu tun. „Wir werden dies nicht länger durchgehen lassen“, sagte die Teenager-Aktivistin. „Es reicht jetzt.“ Sie forderte ihre Generation auf, nicht locker zu lassen und weiter auf die Barrikaden zu gehen. „Die Wende, die wir brauchen, wird nicht von den Mächtigen kommen, sondern von den Menschenmassen, die einen Kurswechsel verlangen.“

Sie fordern "Taten statt leerer Worte"

Die Demonstranten ließen die schwedische Aktivistin immer wieder mit den Rufen „Greta, Greta“ hochleben. Sie trugen Protestschilder mit Botschaften wie „Wir haben nur einen Planeten“, „Stoppt den Klimawandel“ und „Dies ist ein Notfall“. Sie riefen: „Wir wollen keine leeren Worte, sondern Taten.“ Auch Familien waren bei dem Protest dabei. Ein Vater mittleren Alters umklammerte ein Schild mit der Aufschrift: „Für meine Kinder!“ Bekannte deutsche Aktivisten von Fridays-for-Future (FFF) waren ebenfalls angereist, wie etwa die 22-jährige Kölner FFF-Organisatorin Leonie Bremer.

Der spanische Schauspieler Javier Bardem bei seiner Rede in Madrid.
Der spanische Schauspieler Javier Bardem bei seiner Rede in Madrid.

© Pierre-Philippe Marcou/AFP

An der Großdemonstration nahm auch der spanische Filmstar Javier Bardem teil, ebenso wie zahlreiche Indigene aus Lateinamerika, die ganz besonders unter der Umweltzerstörung und Abholzung der Regenwälder leiden. Die Politiker müssten jetzt „auf der Höhe dieses historischen Moments“ sein, erklärte Bardem mit Blick auf die anhaltenden internationalen Klimaproteste.

Botschaften an einer "Klagemauer"

Schon seit Tagen versuchen die Aktivisten auf dem Gipfel COP25 – die 25. Folgekonferenz seit Unterzeichnung der Klimarahmenkonvention in 1992 – Druck zu machen. Etwa mit einem globalen Jugendmanifest, in dem beklagt wird, „dass die Welt brennt“, aber dieser Brand nicht gelöscht wird. „Wir fordern Sie auf, sofort etwas zu unternehmen, um zu vermeiden, dass die globale Temperatur um mehr als 1,5 Grad Celsius steigt“, heißt es in dem Dokument.

An einer „Klagemauer“ im Gipfel-Tagungspalast haben Kinder Hunderte Umweltbotschaften angebracht. „Lieber COP25. Ich heiße Emma. Und ich bin wirklich sauer wegen der Luftverschmutzung“, heißt es dort. Und Sergio schreibt: „Ich will eine Zukunft und dass die Erde lebt. Ich kann darüber nicht entscheiden, aber ihr schon.“ Auf anderen Blättern bedanken sich Kinder bei Greta, die zum Vorbild einer ganzen Generation wurde. Wie in einem Schneeball-System ist die Klimaschutzbewegung in den letzten Monaten gewachsen. Was dazu führt, dass auf dem UN-Klimagipfel in Madrid die Stimmen der Teenager so laut wie noch nie zu vernehmen sind.

Spaniens sozialistischer Premier Pedro Sánchez erklärte seine Solidarität mit den jungen Menschen und unterstützte ihren großen Klimamarsch. Die Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats, Patricia Espinosa, hatte sich ebenfalls lobend über den Aufstand der Jugend geäußert: „Die Mobilisierung auf den Straßen hilft uns.“ Die spanische Umweltministerin Teresa Ribera sagte: „Wir brauchen noch mehr davon. Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Jahrzehnte zu verlieren.“

Die noch bis Freitag dauernde Klimakonferenz COP25 geht an diesem Montag in die entscheidende Runde. Nun wird auf Ministerebene verhandelt, dazu reist auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze an. Es sieht aber nicht danach aus, dass die 200 teilnehmenden Staaten auf der COP25 ehrgeizigere Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung formulieren werden. Dies wird erst auf dem COP26 in Glasgow geschehen – weil die ambitionierteren Pläne erst für die Klimakonferenz 2020 verabredet sind. Greta Thunberg sagte dazu in Madrid: „Halbe Gipfeltreffen können wir uns gar nicht leisten, wir müssen jede Chance nutzen.“ (mit dpa)

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