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Ende November legt die Kohle-Kommission ihren Bericht vor, in dem es um die Zukunft von Kraftwerken wie dem in Jänschwalde geht.

© Patrick Pleul/dpa

Klima-Vorschriften: Ministerium will Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen

Mit einem neuem Gesetz will das Umweltministerium verbindliche Ziele beim Klimaschutz festlegen. Dort sollen die Ziele aus dem Klimaschutzplan 2050 verankert werden.

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Das Bundesumweltministerium steht immer wieder vor der Herausforderung, dass es wenig bis gar keine Unterstützung von den anderen Ressorts bekommt. Eindrücklich deutlich wurde das jüngst erst wieder: Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) musste bei den CO2-Grenzwerten für Neuwagen auf europäischer Ebene eine Position der Bundesregierung vertreten, hinter der sie nicht stand. Denn aus ihrer Sicht reichten die vorgeschlagenen Grenzwerte nicht aus ambitionierten Klimaschutz.

Doch damit, dass dem Umweltministerium ständig Steine in den Weg gelegt werden, soll bald Schluss sein. Das Ministerium will im kommenden Jahr ein Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen. „Darin werden wir die Sektorziele aus dem Klimaschutzplan 2050 verankern – mit der entsprechenden Umsetzungsverantwortung für die verschiedenen Ministerien“, sagt Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Der Klimaschutzplan 2050 wurde 2016 verabschiedet und benennt für jeden Sektor – also Energiewirtschaft, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Industrie –, welche Emissionsminderungen sie erzielen müssen. Das Leitbild des Klimaschutzplans ist die „weitgehende Treibhausgasneutralität“ Deutschlands bis 2050. Kurzum: Ein gewaltiger Umbau der Volkswirtschaft steht bevor. Die geteilte Verantwortung der Ministerien sei einer „der wichtigen klimapolitischen Weichenstellungen der vergangenen Jahre“ gewesen, sagt Flasbarth.

Der Finanzminister als neuer Verbündeter im Klimaschutz

Bislang ist der Klimaschutzplan 2050 nicht rechtlich verbindlich. Das soll mit dem Klimaschutzgesetz anders werden. Umweltministerium Schulze bekommt von ihren Kabinettskollegen derzeit deren Einsparpläne geliefert.

Wichtig für den Gesamtplan sind auch die Ergebnisse der sogenannten Kohle-Kommission, die bis Anfang Dezember Ergebnisse vorlegen soll. Es geht um die heiße Frage, wie genau Deutschlands Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Natürlich nicht alle auf einmal, sondern Schritt für Schritt. Auch das Verkehrsministerium hat ein Mobilitätsgremium in Leben gerufen, das sich mit den Klimazielen für 2030 beschäftigt. Ein ähnliches Vorgehen ist für den Gebäudebereich geplant.

Während der Weg im Stromsektor zu mehr Klimaschutz ziemlich klar zu sein scheint, ist er im Verkehrs- und Gebäudesektor völlig offen. Der Handlungsdruck ist aber sehr hoch. Denn es droht Ungemach aus Brüssel. Deutschland wird die europarechtlich vorgegeben Klimaziele in eben den Bereichen Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft nach derzeitigem Stand verpassen und muss deshalb Emissionsquoten aus dem EU-Ausland zukaufen. Bis 2030 kann das bis zu 60 Milliarden Euro kosten. Auf die Summe will Flasbarth sich zwar nicht festliegen, doch glaubt auch er, dass es teuer werden könnte. Beschäftigt sich schon Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit dem Thema? „Wir haben Bescheid gesagt“, antwortet der Umweltstaatssekretär. „Klar ist, dass ab jetzt Umweltminister den Finanzminister als starken Verbündeten haben werden.“

Und auch die Wähler werden wieder eher zum Verbündeten für den Klimaschutz. Das hätten die starken Zuläufe zu den Grünen bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen gezeigt, sagt Flasbarth. Deswegen werde das Thema in der SPD wichtiger. Bundesumweltministerin Schulze erklärte die SPD vor ihrer Klausurtagung gar zur Klimapartei. Zu grün soll es aber nicht werden. SPD-Altkanzler Gerhard Schröder sagte bei einer Veranstaltung in Berlin, bei der es um Erinnerungen an die rot-grüne Regierung ging, es sei doch die Stärke der SPD, Ökologie und Ökonomie zusammenzudenken.

Was es für die Wirtschaft bedeutet, wenn Deutschland seine Klimaziele 2030 umsetzt, hat auch das Umweltministerin interessiert. Es hatte 2016 dazu eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. 270 Milliarden Euro koste es in den Jahren 2020 bis 2030, effizienzorientiert die Ziele in allen Sektoren zu erreichen. Wird stärker auf erneuerbare Energien gesetzt, kommt man mit Investitionen in Höhe von 240 Milliarden Euro aus.

Industrie leidet nicht unter höherem Strompreis

Doch trotz der enormen Summen leidet laut der Studie die Wirtschaft nicht. „Die Wirtschaftsleistung wird 2030 um 1,1 bis 1,6 Prozent höher liegen, wenn wir in Klimaschutz investieren. Wir werden also reicher, nicht ärmer“, sagt Flasbarth. Das Umweltministerium hat mit der Folgenabschätzung das Rad allerdings nicht neu erfunden. Der Industrieverband BDI hat schon Anfang des Jahres durchrechnen lassen, was Klimaschutz für die Wirtschaft bedeutet. Auch in dieser Studie wurde ein positiver Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt gemessen.

Ein weiter Knackpunkt: Die Industrie befürchtet steigende Strompreise bei mehr Klimaschutz. Denn Kohle ist ein günstiger Energieträger, die Kraftwerke bieten ihre Elektrizität günstig am Markt an. Besonders die energieintensiven Betriebe wie zum Beispiel Aluminiuhütten wären betroffen. Laut Flasbarth sind diese Sorgen unbegründet: "Die Strompreise werden durch den Klimaschutz nicht höher liegen. Das ist ein eindeutiges und wichtiges Ergebnis der Untersuchung." Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien kompensiere den Effekt der Kohle-Abschaltung und den daraus resultierenden stärkeren Einsatz von Gaskraftwerken. Auch sei der Bau neuer Wind- und Photovoltaik-Anlagen sehr günstig geworden. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die für die Wettbewerbsfähigkeit relevanten Energiestückkosten sinken bei allen Klimaschutzpfaden deutlicher, als wenn nicht in Klimaschutz investiert würde.

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