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Die Ampel-Minister bei ihrer ersten Klausurtagung

© Michael Kappeler/dpa

Holterdiepolter ins Regierungsgeschäft: Keine Fehler zu machen, ist für einige Minister schon eine Leistung

Baerbock gut, Buschmann auch – aber sonst? Überraschend viele der Ampelminister haben sich einen Fehlstart geleistet. Eine erste, kurze Bilanz.

Kanzler und Kabinett in der Belastungsprobe - mehr geht nicht, und das nach nicht einmal 100 Tagen im Amt. Obwohl es einem schon länger vorkommt. Klima, Krise, Krieg und dazu noch Omikron, da gilt es, die Nerven zu behalten. Ganz unbedingt. Einerlei, ob im Regierungsgeschäft erfahren oder nicht.

Ein Guter, eine Gute hält’s aus, heißt es doch landläufig. Danach zu urteilen sind bei Weitem nicht alle in dieser Regierung gut. Eher scheint es so zu sein, dass manche straucheln, ehe sie Tritt gefasst haben.

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Interessanterweise sind es nicht die von der FDP. Die machen eher durch Entschiedenheit von sich reden, voran Marco Buschmann, der Justizminister. Der verteidigt seinen Freiheitsbegriff, nutzt sein Vetorecht, ohne davon formell Gebrauch zu machen, allein durch die öffentliche Rede.

Er wird, wenn er so weitermacht, die Überraschung der Koalition. Was für die Auswahl spricht.

Was man von Kollegen bei SPD und Grünen so nicht sagen kann. Bei den Grünen sind es Robert Habeck, ausgerechnet, und Steffi Lemke. Beide machen keine so gute Figur, sind in die Kritik geraten, öffentlich und intern, da nur nicht laut. Tenor: So darf das nicht weitergehen.

Habeck selbstkritisch: „Kein politisches Glanzstück“

Habeck hat als Wirtschafts- und Klimaminister sogar schon überraschend viel Unmut auf sich gezogen. Dabei hieß es doch, er bringe Expertise mit.

Viele offene Baustellen, immer mal wieder Irrtümer bei Zahlen - und dann so etwas: „Kein politisches Glanzstück“ sei der plötzliche Stopp der KfW-Gebäudeförderung gewesen, sagt er selbst. Die Enttäuschung und den Ärger hatte Habeck ausgelöst, weil sein Ministerium angesichts einer Antragsflut kurzerhand alle Programme für Neubauten und Sanierungen eingestellt hatte.

Lemke wiederum fand - gefragt vom Tagesspiegel, ob sich die Klimaproteste weiter radikalisieren müssten, damit die Politik Druck verspürt: „Es ist absolut legitim, für seine Anliegen zu demonstrieren und dabei auch Formen des zivilen Ungehorsams zu nutzen.“

Für diese Ansicht zu Protest-Methoden, als sich Klimaaktivisten mit Sekundenkleber auf Autobahnen festklebten und sie blockierten, wurde Lemke auch von Kabinettskollegen kritisiert, vom Justizminister, der Innenministerin, vom grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir.

Der Grund: Solche Proteste könnten auch lebensgefährdend sein, weil etwa Rettungsfahrzeuge nicht mehr durchkämen. Inzwischen sagt die Ministerin, die Autobahnblockaden seien falsch.

Fällt nicht weiter auf – was gegenwärtig noch am besten ist

Aber auch SPD-Minister bieten Anlass zur Kritik, und keiner geringfügigen. Wie „performen“ eigentlich Lauterbach, Lambrecht, Faeser? Alle in der Kritik. Und Svenja Schulze? Bisher vor allem mit Kritik aufgefallen, der am Vorgänger. Klara Geywitz? Fällt nicht weiter auf. Was gegenwärtig noch am besten ist.

Der allgegenwärtige Karl Lauterbach kämpft inzwischen mit der Pandemie-Lage in jeder Hinsicht, hat Probleme in seinem Haus, dem Gesundheitsministerium, mit dem RKI und wird jetzt auch noch vom Bundeskanzler mit dessen Öffnungsstrategie konfrontiert. Einer, die er bis vor Kurzem abgelehnt hat.

Nancy Faeser, als Innenministerin für Recht und Ordnung zuständig, hat im linken Magazin „antifa“ geschrieben und lässt sich dazu nichts Kritisches sagen.

Dabei wurde das Magazin der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA)“, die 2020 im bayerischen Verfassungsschutzbericht als die „bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus“ bezeichnet und wird ähnlich in ihrem Heimatland Hessen bewertet. Nicht nur im Innenministerium verursacht das Unruhe.

Und Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin hat bereits mehrmals unrühmlich von sich reden gemacht. Durch ihre Amtsübernahme, ihre Personalpolitik, ihre politische Schwerpunktsetzung, Kommunikation und die 5000 Helme für die Ukraine als von ihr gefeiertes Zeichen der Solidarität.

Das alles, während der Kanzler seine Woche(n) der Wahrheit absolviert, mit Biden, dem Weimarer Dreieck, den Balten, Selenskyi, Putin… Und Annalena Baerbock nebenbei ihren Machtanspruch demonstriert, bei Klima, Krise, Krieg.

Was Wunder, dass Habeck verspricht, so etwas wie der jüngste Fehler werde sich nicht wiederholen. Da sprach der Vizekanzler eigentlich für weite Teile des Kabinetts. Die Belastungsprobe hält an. Über die 100 Tage hinaus.

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