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Karl Lauterbach stellte am 28. Juni Eckpunkte zur Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor.

© Kay Nietfeld/dpa

Karl Lauterbach kündigt an: Krankenkassenbeitrag soll 2023 auf Rekordhöhe steigen

Insgesamt 16,2 Prozent des Bruttolohns sollen Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung 2023 zahlen müssen. Der Beitrag war nie zuvor so hoch.

Auf die über 57 Millionen Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kommt 2023 ein deutlich höherer Beitrag zu. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte am Dienstag eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,3 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent an. Die konkrete Höhe ihres jeweiligen Zusatzbeitrags legen die Kassen selbst fest.

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Zusammen mit dem allgemeinen Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent müssten dann maximal 16,2 Prozent vom Bruttolohn für die Krankenversicherung abgeführt werden. Der Beitrag in der GKV war noch nicht so hoch.

Dies bringe voraussichtlich zwischen 4,8 und fünf Milliarden Euro ein. Leistungskürzungen werde es nicht geben. Lauterbach begründete die Erhöhung mit einem Defizit von rund 17 Milliarden Euro, das andernfalls der GKV im kommenden Jahr drohe.

Erhöhter Steuerzuschuss und Darlehen des Bundes

Zur Deckung des Defizits solle zudem ein erhöhter Steuerzuschuss in Höhe von zwei Milliarden Euro und ein Darlehen des Bundes in Höhe von einer Milliarde Euro beitragen. Darüber hinaus müssten andere Reserven angegangen werden – sowohl beim Gesundheitsfonds als auch bei den Einzelkassen seien noch solche Reserven vorhanden.

„Wir sind wirklich in einer schwierigen Situation“, so Lauterbach. „Bei den Kassen sind noch etwa vier Milliarden Reserven, die wir heranziehen können und werden.“ Im Fonds seien es 2,4 Milliarden Euro.

Solidarabgabe der Pharmaindustrie

Zudem solle durch größere Effizienz Geld eingespart werden. Rund drei Milliarden Euro würden aus Effizienzverbesserungen gehoben. Hierbei sei eine Solidarabgabe der Pharmaindustrie hervorzuheben, die zuletzt erhebliche Umsatzsteigerungen habe verzeichnen können, so Lauterbach.

Angepeilt werde eine einmalige Abgabe von einer Milliarde Euro.

Endgültig festgelegt wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag durch einen offiziellen Schätzerkreis im Herbst. In diesem Jahr bekommen die Kassen schon einen aufgestockten Bundeszuschuss von 28,5 Milliarden Euro.

Damit sollte der durchschnittliche Zusatzbeitrag vorerst bei 1,3 Prozent gehalten werden. Der gesamte Beitrag umfasst daneben den allgemeinen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns.

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Kritik an Spahn

„Ich habe dieses Defizit im Wesentlichen geerbt von meinem Vorgänger“, sagte Lauterbach mit Blick auf den ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Dieser habe teure Leistungsausweitungen vorgenommen und auf Strukturreformen verzichtet. Sein Vorschlag gehe nun in die Ressortabstimmung. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) habe bereits zugestimmt.

Kritik an der Erhöhung der Beiträge

Anfang des Monats hatte bereits der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) das erwartete Milliardendefizit für 2023 unter anderem auf politische Entscheidungen zurückgeführt. So führten Gesetze für mehr Pflegepersonal oder kürzere Wartezeiten beim Arzt allein zu dauerhaften Mehrkosten von fünf Milliarden Euro pro Jahr. Nun sagte Verbandschefin Doris Pfeiffer:

„Die heute vorgelegten Eckpunkte verschaffen der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt allenfalls eine finanzielle Atempause.“ Das Aufbrauchen von Rücklagen sei „keine solide und nachhaltige Finanzierung“.

Heftige Kritik kam von den Arbeitgebern. Die Eckpunkte seien enttäuschend und kämen einem Taschenspielertrick gleich, sagte der Hauptgeschäftsführer ihres Verbands BDA, Steffen Kampeter.

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel nannte den Vorschlag einer Beitragserhöhung durch höhere kassenindividuelle Zusatzbeiträge „brandgefährlich“. Das verschärfe den Preiswettbewerb zwischen den Kassen um gesunde Patientinnen und Patienten und gefährde so das solidarische GKV-System. (Reuters, dpa)

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