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© AFP

Völkermord-Prozess: Karadzic boykottiert das Gericht

Der Völkermord-Prozess gegen den ehemaligen Führer der bosnischen Serben ist am Montag ohne den Angeklagten eröffnet worden. Radovan Karadzic weigerte sich, vor dem UN-Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag zu erscheinen.

Karadzic blieb stattdessen in seiner Zelle des Untersuchungsgefängnisses. „Ich stelle fest, dass Herr Karadzic nicht anwesend ist“, sagte der Vorsitzende Richter O-Gon Kwon. Der Angeklagte habe sich trotz einer dringenden Aufforderung des Gerichtshofes entschieden, nicht an der Eröffnungssitzung teilzunehmen.

Karadzic muss sich in elf Anklagepunkten vor Gericht verantworten, darunter Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord während des Bosnien-Krieges (1992-1995). In dem Krieg starben mehr als 100.000 Menschen.

Die Anklage wirft Karadzic vor, einen Plan zur „ethnischen Säuberung“ von Teilen Bosnien-Herzegowinas entwickelt zu haben. Karadzic soll dabei eng mit seinem Armeechef Ratko Mladic und dem ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic zusammengearbeitet haben. Milosevic starb am 11. März 2006 wenige Wochen vor Prozessende in seiner Zelle im UN-Gefängnis von Den Haag. Mladic ist nach wie vor flüchtig.
 
In der Anklageschrift heißt es, die bosnisch-serbischen Führer hätten mit „Verfolgungen und Terrortaktiken“ sowie „der Vertreibung hilfloser Menschen und der Vernichtung von Menschen“ ihr Ziel verfolgt, einen großserbischen Staat zu errichten.
 
Die Vorwürfe gegen Karadzic beziehen sich unter anderem auf  die 44-monatige Belagerung der bosnischen Hauptstadt Sarajevo zwischen 1992 und 1995, während der rund 10.000 Menschen getötet wurden, und auf das Massaker an mehr als 7000 muslimischen Männern und Jungen in Srebrenica im Juli 1995.
 
Außerdem wird ihm die Inhaftierung tausender bosnischer Muslime und Kroaten in Lagern der Region Prijedor zur Last gelegt. Die dortigen „schrecklichen und unmenschlichen“ Bedingungen seien zur „physischen Zerstörung“ der Insassen bestimmt gewesen. Verantwortlich gemacht wird er auch für die Geiselnahme von mehr als 200 Blauhelm-Soldaten und UN-Beobachtern im Mai und Juni 1995.
 
Der 64-Jährige wurde im Juli 2008 nach einem 13 Jahre währenden Versteckspiel in der serbischen Hauptstadt Belgrad gefasst. Wenige Tage später wurde er an das UN-Tribunal in Den Haag überstellt. Im Falle einer Verurteilung muss Karadzic mit lebenslanger Haft rechnen. (dpa/AFP)

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