zum Hauptinhalt
Gesine Lötzsch sitzt seit 2002 im Bundestag und ist Fraktionsvize der Linken.

© imago/photothek/Janine Schmitz

Kann diese Frau die Linken retten?: Warum Gesine Lötzsch bald im Mittelpunkt stehen wird

Bei der Wiederholungswahl zum Bundestag in Berlin kommt es für die krisengeschüttelte Linke darauf an, zwei Direktmandate zu verteidigen. Ausgerechnet die AfD könnte dabei indirekt hilfreich sein.

Gesine Lötzsch gehört zu den Säulen der Linken im Bundestag. Schon deshalb, weil die Berliner Abgeordnete eines der drei Direktmandate errungen hat, denen die Partei ihren Einzug in den Bundestag bei der Wahl 2021 zu verdanken hatte. Die anderen beiden waren Gregor Gysi (auch in Berlin) und Sören Pellmann in Leipzig.

Nun steht bald die Wiederholungswahl in Berlin an. Auf Gesine Lötzsch wird es dann erst recht ankommen. Auf die 62 Jahre alte Haushaltspolitikerin und ihren Wahlkreis Lichtenberg wird dann unter Umständen die gesamte Republik schauen. Lötzsch sitzt seit 2002 im Bundestag, ist stellvertretende Fraktionschefin und bekannt für ihren oft pointierten Redestil (man kann auch von Berliner Schnauze sprechen).

Wie die Wiederholungswahl verlaufen wird, das hängt vom Bundesverfassungsgericht ab. Wegen der Berliner Wahlpannen hatte der Bundestag im vorigen November mit den Stimmen der Ampel-Koalition beschlossen, die Wahl in 327 Wahlbezirken und 104 Briefwahlbezirken zu wiederholen – also eine Teilwahl zu veranstalten.

Dagegen hat die Unionsfraktion im Bundestag in Karlsruhe geklagt. Die Anhörung dort hat vor einem Monat stattgefunden. Seither bereitet sich Berlin auf eine komplette Wiederholungswahl in allen Wahlbezirken vor, wie Landeswahlleiter Stephan Bröchler danach mitteilte.

Stattfinden muss die Wahl – so oder so – binnen 60 Tagen nach der Entscheidung in Karlsruhe, die für den Herbst erwartet wird. Ein Wahltermin im Januar oder Februar ist also denkbar.   

Die Wiederholungswahl in Berlin bedeutet, dass auch das bundesweite Wahlergebnis von 2021 korrigiert werden wird. Es wird komplett neu berechnet, die neuen Ergebnisse aus Berlin ersetzen die alten. Das hat wegen des bundesweiten Sitzverteilungssystems potenziell Auswirkungen auf alle Bundesländer – auch wenn sich die Verschiebungen mutmaßlich in einem engen Rahmen halten werden.

Über die Fünfprozenthürde?

Klar ist: Bleibt die Linke bei der Neuauszählung bundesweit wieder unter der Fünfprozentmarke, müssen Lötzsch und Gysi ihre Direktmandate wieder erringen. Sonst fliegt die gesamte Linksfraktion aus dem Parlament – bis auf Pellmann, der sein Direktmandat bis zur Wahl 2025 in jedem Fall ausüben darf.

Dass die Berlin-Neuwahl die Linke über die Fünfprozenthürde hievt, ist zwar möglich. Aber die Partei müsste dann deutlich zulegen, um gut ein Viertel bei den Zweitstimmen, von etwa 209.000 (das waren 11,7 Prozent) auf gut 260.000 bei etwa gleicher Wahlbeteiligung.

Gregor Gysi ist gesetzt

Gelingt dieser Aufschwung nicht, müssen also Gysi und Lötzsch liefern. Bei Gysi ist der Erfolg sehr wahrscheinlich. Nach der aktuellen Wahlkreisprognose des Wahlinformationsdienstes „election.de“ ist der Linken-Altmatador in Treptow-Köpenick nach wie vor der absehbare Wahlkreissieger. Basis der Berechnung sind die aktuellen Umfragewerte der Parteien bundesweit. Die Linke liegt da nur noch bei 4,3 Prozent.

Das Berliner Direktmandats-Duo: Gesine Lötzsch und Gregor Gsysi

© dpa/Robert Schlesinger

Und wie sieht es bei Lötzsch aus? Bei election.de wird ihre Chance auf den Sieg in Lichtenberg aktuell auf 62 Prozent taxiert. Damit ist der Erfolg wahrscheinlich, aber nicht sicher. Laut Matthias Moehl von election.de liegt Lötzsch auch recht knapp vorne – und zwar vor der AfD, die wegen des aktuellen bundesweiten Aufschwungs nunmehr an zweiter Stelle in dem Wahlkreis liegt. SPD, Grüne und CDU sind deutlich dahinter.

Damit könnte der Wahlkampf in Lichtenberg zum entscheidenden Faktor im Überlebenskampf einer Partei werden. Lötzsch könnte dann in zweifacher Hinsicht die Frau sein, um die es geht. Einerseits wird sie die Linken-Anhängerschaft so weit als möglich mobilisieren. Andererseits aber könnte es dann auch darum gehen, ein Direktmandat der AfD zu verhindern – es wäre das erste in der Bundeshauptstadt.

Unter diesem Aspekt könnte es durchaus dazu kommen, dass Wähler, die sich mit der Zweitstimme für andere Parteien entscheiden (vor allem wohl für SPD und Grüne), mit der Erststimme für Lötzsch votieren. Eine Kampagne mit diesem Tenor – Lötzsch wählen, AfD verhindern – könnte die Linke also im Bundestag halten. Wenn dort ihre Fraktion nicht vorher zerfällt. Dann würden die anderen Parteien in Lichtenberg (und ganz Berlin) darum ringen, wer die Stimmen von desillusionierten Linken-Anhängern auf sich ziehen kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false