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Josephine Baker während einer Probe im Olympia-Konzertsaal in Paris 1968.

© AFP

Josephine Baker bekommt Platz im Panthéon: Die Botschaft der Freiheitskämpferin könnte nicht aktueller sein

Die Afroamerikanerin wird an dem Tag in der Pariser Ruhmeshalle geehrt, an dem ein Rassist seine Kandidatur für die Präsidentschaft verkündet. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Nüsse

Als furiose Tänzerin und Sängerin ist Josephine Baker wohl den meisten ein Begriff. Ihr „dance sauvage“ (Tanz der Wilden), leicht bekleidet mit dem legendären Bananenröckchen, machte sie1925 in Paris zum Weltstar – bediente er die Klischees der Weißen und spielte gleichzeitig selbstbewusst mit ihnen.

Ihre „Revue Nègre“ feierte in ganz Europa Erfolge. Die exotische Tänzerin wurde zum Sex-Symbol der „Roaring Twenties“ und machte den „Hot Jazz“ in Europa salonfähig. 1926 trat Josephine Baker auch am Ku-Damm auf – in München wurde ein Auftritt wegen möglicher „Verletzung des öffentlichen Anstandes“ untersagt.

Doch aus dem ehemaligen Hausmädchen aus Missouri wird nicht nur ein Weltstar, sondern auch eine politische Aktivistin, die sich gegen Rassismus und den Nationalsozialismus engagiert.

Den Rassismus, den sie in ihrer Kindheit in den USA erlebte und vor dem sie nach Frankreich geflohen war, holte sie während ihrer Tourneen in den USA ein: Sie bekam kein Hotelzimmer oder musste den Dienstbotenaufgang nehmen. In Frankreich habe sie sich zum ersten Mal frei gefühlt, sagt sie.

De Gaulle ehrte die Widerstandskämpferin bereits 1946

So nimmt sie 1937 nach der Heirat mit einem Großindustriellen die französische Staatsbürgerschaft an – und will ihre neue Heimat gegen den Nationalsozialismus verteidigen. Als Agentin schmuggelt sie in ihrem Tourneegepäck Geheimdokumente für den Widerstand. Dafür ehrte der Chef des „Freien Frankreichs“ und spätere Staatspräsident, Charles de Gaulle, sie bereits 1946.

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Am Dienstag nun ist die Widerstandskämpferin Josephine Baker in Anwesenheit von 2000 Gästen feierlich in das Panthéon eingezogen, die Ruhmeshalle bedeutender Franzosen in Paris, ein. (Ihre sterblichen Überreste bleiben auf Wunsch der Familie in Monaco. Sie war eng mit Grace von Monaco befreundet, die ihr in den letzten Lebensjahren behilflich war. ) Als erste Afroamerikanerin und erst sechste Frau. Sie habe als freie Bürgerin würdig und entschlossen gekämpft. Ihr sei es dabei vor allem um die Gleichheit aller gegangen, sagte der Staatschef in seiner Rede.

Bei der Verleihung der Ehrenlegion 1961 in Frankreich.
Bei der Verleihung der Ehrenlegion 1961 in Frankreich.

© AFP

Sie hat sich auch nach Kriegsende gegen Antisemitismus und Rassismus eingesetzt, hat eine „Regenbogenfamilie“ mit 12 Adoptivkindern gegründet und war am 28. August 1963 die einzige Frau, die an der Seite des US-Bürgerrechtlers Martin Luther King beim „Marsch auf Washington“ eine Rede hielt.

Als Macron im Sommer die Aufnahme Bakers in den „Tempel der Republik verkündete, konnte man noch nicht ahnen, in welch polarisierte und aufgeheizte Stimmung in Frankreich im Vorwahlkampf die Zeremonie fällt. Zufall oder nicht: Nun fällt sie auf den gleichen Tag, an dem der nationalistische und rassistische Provokateur Eric Zemmour seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im April 2022 verkündete. Damit gab die Zeremonie Präsident Macron die Gelegenheit, eine seiner geschichtsträchtigen politischen Reden zu halten - und an die Werte von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu erinnern, auf die viele Franzosen zu Recht stolz sind und für welche die eingebürgerte Josephine Baker exemplarisch steht.

Eine spannende Dokumentation über Josephine Baker ist derzeit auf Arte zu sehen: https://www.arte.tv/de/videos/075185-000-A/josephine-baker-ikone-der-befreiung

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