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Barrierefrei dank Lego? Zwei Geschwister haben diese Rollstuhlrampe für eine Bäckerei in München gebaut, damit ihr Freund mit seinem Rollstuhl in den Laden gelangen kann.

© picture alliance / SZ Photo/Lorenz Mehrlich

Jahresstatistik der Antidiskriminierungsstelle: Es herrscht so viel Beratungsbedarf wie nie zuvor

Eine Rekordzahl von Anfragen vermeldet Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung. Sie sieht Bedarf, den Schutz per Gesetz zu verbessern.

Im Jahr 2022 sind 8827 Beratungsanfragen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) eingegangen – so viele wie nie zuvor und mehr als doppelt so viele wie noch im Jahr 2019. Das geht aus dem Jahresbericht der ADS hervor, den Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, am Dienstag in Berlin vorstellte. „Immer mehr Menschen nehmen Diskriminierung nicht hin. Das belegen die Zahlen ganz deutlich. Wir haben deutlich mehr Anfragen, als wir entgegennehmen können“, sagte Ataman.

Bei den Anfragen ging es am häufigsten um rassistische Diskriminierung (43 Prozent der Anfragen). Bei 27 Prozent der Anfragen ging es um Diskriminierung aufgrund von Behinderung, bei 21 Prozent um Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung.

© dpa/Michael Kappeler

Unterschieden wird in der Statistik auch nach dem Umfeld der Fälle: Bei 27 Prozent der Anfragen ging es um Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, bei 20 Prozent um sogenannte Alltagsgeschäfte wie einen Restaurantbesuch oder auch eine Wohnungssuche.

Rund ein Fünftel der Hilfesuchenden sah sich von staatlichen Stellen diskriminiert, zusammen mit Fällen aus dem Bereich öffentlicher Bildung sogar mehr als ein Viertel. Diese fallen aber nicht unter die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), das Grundlage der Arbeit der Antidiskriminierungsstelle ist.

5
Millionen Euro stehen für den Ausbau der Beratung zur Verfügung.

Ataman kam als Bundesbeauftragte im Sommer 2022 ins Amt. Sie will zivilgesellschaftliche Beratungsstellen zum Thema Antidiskriminierung in ganz Deutschland flächendeckend ausbauen. Für diesen Ausbau startet nun ein Förderprogramm, für das bundesweit 5 Millionen Euro für 35 Projekte bereitstehen.

Politisch tritt Ataman für eine Verschärfung des Antidiskriminierungsgesetzes ein. Sie hält das Gesetz für eines der schwächsten in Europa. In allen EU-Staaten hätten die entsprechenden Stellen mehr Rechte, oft etwa ein Klagerecht oder ein Recht auf Akteneinsicht. Nur in Deutschland gebe es all diese Rechte für die Antidiskriminierungsstelle nicht. Im Sommer will Ataman außerdem konkrete Vorschläge zum Schutz vor Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz vorlegen.

Im April hatte Ataman angesichts neuer Umfragedaten der Bertelsmann-Stiftung von einer „Zeitenwende“ für das Thema Antidiskriminierung in Deutschland gesprochen. Damals zeigte eine Befragung das gestiegene Interesse der Bevölkerung am Thema.

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