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Die Innenminster von Bund und Ländern wollen mit Vorratsdatenspeicherung gegen Kindesmissbrauch im Internet vorgehen. (Symbolbild)

© Patrick Pleul/dpa

Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch im Internet: Innenminister fordern Einführung von Vorratsdatenspeicherung

Innenminister von Bund und Ländern wollen mit Vorratsdatenspeicherung gegen Kinderpornografie vorgehen. Außerdem soll schwerer Kindesmissbrauch zukünftig wie Totschlag eingestuft werden.

Im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie haben sich die Innenminister von Bund und Ländern für eine Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Mithilfe einer Mindestspeicherverpflichtung sollen die Ermittlungen in diesem Bereich vorangebracht werden, hieß es am Freitag nach dreitägigen Beratungen der Innenminister in Erfurt. Bei der Vorratsdatenspeicherung werden Anbieter gesetzlich verpflichtet, die Telefon- und Internetverbindungsdaten der Nutzer zu speichern, so dass Ermittler später darauf zugreifen können.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, man müsse „mit aller Härte“ gegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch vorgehen. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) betonte, es brauche eine Mindestspeicherpflicht, da ansonsten wichtige Informationen und Bestandsdaten verloren gehen würden. Man müsse bei schwersten Straftaten schnell zugreifen können.

Zuvor hatte sich auch Familienministerin Franziska Giffey (SPD) offen für eine Vorratsdatenspeicherung im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie gezeigt. Man sei an einem Punkt angekommen, wo man alles was nötig und möglich sei, prüfen und tun müsse, um diese Dinge aufzuklären, sagte Giffey in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. „Und wenn die Vorratsdatenspeicherung ein Punkt ist, der dazu gehört, dann müssen wir uns den ansehen, und dann müssen wir das auch machen.“ Am Freitag teilte Giffey über ihr Ministerium dann allerdings mit: „Bei der anlasslosen und flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung für alle gibt es große Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und der Wirksamkeit. Mehrfach haben Gerichte entschieden, dass diese nicht im Einklang mit dem Grundgesetz steht. Das gilt.“

Datenschutz und EU-Recht sprechen gegen anlasslose Speicherung

SPD-Chefin Saskia Esken hatte in Reaktion auf Giffeys ZDF-Interview getwittert: Sie bleibe bei ihrer Ablehnung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung und gehe davon aus, dass Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof an ihrer Rechtsprechung festhielten. „Eine anlasslose VDS ist mit den europäischen Grundrechten unvereinbar.“

Über das Thema wird seit Jahren vor allem mit Blick auf den Datenschutz gestritten. Der Europäische Gerichtshof hatte 2016 entschieden, dass eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten mit EU-Recht nicht vereinbar ist. Ein weiteres Urteil des obersten EU-Gerichts wird in den nächsten Monaten erwartet. Seehofer sagte, er erhoffe sich davon „Spielräume“.

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Nach Angaben des „Spiegel“ einigten sich die Innenminister zudem auf die Forderung, schweren sexuellen Missbrauch von Kindern hinsichtlich der Schwere des Delikts künftig wie Totschlag einzustufen. Der Vorstoß geht auf Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) zurück. Die Innenminister setzen sich demnach weiter dafür ein, die Delikte als „absoluten Haftgrund“ in die Strafprozessordnung aufzunehmen. Das würde bedeuten, dass künftig alleine die Schwere der Tat eine Untersuchungshaft des Beschuldigten rechtfertigt.

Lambrecht plant zudem ein Dialogforum zum Schutz vor Kindesmissbrauch für den kommenden Mittwoch. Das bestätigte ein Sprecher des Ministeriums der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf Anfrage. Lambrecht hatte das Forum in der vergangenen Woche angekündigt. Sie betonte, sie wolle „alle wichtigen Akteure an einen Tisch bringen“. Zum Teilnehmerkreis des Dialogforums sollen demnach neben dem Missbrauchsbeauftragten des Bundes, Johannes-Wilhelm Rörig, Giffey und Seehofer auch Praktiker aus der Polizei, aus Jugendämtern und Gerichten gehören.

Hintergrund für die aktuelle Diskussion sind Fälle schweren sexuellen Missbrauchs mehrerer Kinder in Münster, die Anfang Juni bekannt wurden. Union und SPD verständigten sich bereits darauf, auch minderschwere Taten wie das Berühren von Kindern auf sexualisierte Weise als Verbrechen einzustufen sowie das Verbreiten von Kinderpornografie härter zu bestrafen. (dpa/KNA)

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