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Unter Druck. Lorenz Caffier muss erklären, warum er bei einem Waffenhändler mit rechtsextremen Verbindungen eine Waffe kaufte.

© imago images/Chris Emil Janßen

Update

Nach Waffenkauf im Neonazi-Umfeld: Innenminister Caffier tritt zurück

Er hatte lange einen zwielichtigen Waffenkauf verschwiegen. Jetzt ist Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier zurückgetreten.

Am Ende war der öffentliche Druck zu groß. Lorenz Caffier, Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern, ist am Dienstag zurückgetreten. Vier Tage nach seinem Eingeständnis des lange verheimlichten Waffenkaufs im Neonazi-Umfeld  erklärte der CDU-Politiker in Schwerin, wegen der Affäre nicht mehr die nötige Autorität für sein Amt zu besitzen.

Nicht der Erwerb sei ein Fehler gewesen, sondern sein Umgang damit, sagte Caffier zur Begründung. Dafür bitte er um Entschuldigung. Caffiers Nachfolger soll der bisherige Fraktionsvorsitzende der CDU im Schweriner Landtag, Torsten Renz, werden.

Jahrelang hatte Caffier den Kauf seiner Waffe, einer Glock 19, verschwiegen. Zahlreiche Presseanfragen zu seinen Verbindungen zum Waffenhändler Frank T. blockte er ab. Bis zuletzt hatte er auch gegenüber dem Tagesspiegel etliche Fragen unbeantwortet gelassen. 

Dazu zählt jene, wer außer ihm und dem umstrittenen Waffenhändler noch von seinem Geheimnis wusste. Kritiker werfen Lorenz Caffier vor, sich durch das Verheimlichen des Kaufs potentiell erpressbar gemacht zu haben.

Eingeständnis erst nach großem Druck

Als Caffier am Freitag den Waffenkauf erstmals einräumte, gab er zur Rechtfertigung an, dass seinen Behörden und ihm Anfang 2018 keine Verdachtsmomente zu der Firma von Frank T. vorgelegen hätten. Am Montag gab er dann allerdings in einer Pressemitteilung zu,  der ihm unterstellte Verfassungsschutz habe doch bereits im Sommer 2017, ein halbes Jahr vorm Waffenkauf, Informationen zu Frank K. gehabt. 

Bei seinem Rücktritt wiederholte er jetzt, persönlich beim Kauf nichts über die Gesinnung des Händlers Frank T. gewusst zu haben - die Information sei innerhalb seiner Behörde nicht an ihn weitergegeben worden. Auch habe es keine Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen Vereinigung oder strafbare Handlungen des Mannes gegeben. „Erst im Mai 2019 ergaben Ermittlungen des LKA Anhaltspunkte.“ 

Angeblich habe seine Behörde erst Anfang 2019 "erste Unterlagen" vom BKA bekommen. Diese Behauptung steht jedoch im Widerspruch zu Aussagen der Bundesregierung, wonach Unterlagen viele Monate früher überreicht worden seien.

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Das Bundesland wird von einer rot-schwarzen Koalition regiert. Auch innerhalb der SPD gibt es heftige Kritik an Caffiers langem Schweigen - und an seiner Aufklärungsarbeit im Nordkreuz-Komplex. Der SPD-Landtagsabgeordnete Dirk Friedriszik sagte noch am Montag am Telefon, Caffiers Aussagen passten „zeitlich nicht zusammen“. 

Die Landstagsfraktion der Linken fordert in einer Pressemitteilung, dass endlich Klarheit über die tatsächlichen Vorgänge im Nordkreuz-Komplex geschaffen werde: "Der Rücktritt von Caffier darf kein Schlussstrich sein.“ Als erstes erwarte man die umgehende Vorlage des Sachstandsberichtes der noch von Caffier eingesetzten Prepper-Kommission. 

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Dieser Bericht war eigentlich schon für 2018 angekündigt gewesen. Weshalb er bis heute nicht veröffentlicht wurde, erklärt das Innenministerium gegenüber dem Tagesspiegel nicht.

Frank T. war zwischenzeitlich Mitglied in der berüchtigten Telegramgruppe "Nordkreuz". Dort haben sich rechtsextreme Prepper auf einen gewaltsamen Umsturz am "Tag X" vorbereitet. Unter anderem gab es den Plan, an diesem Tag politische Feinde zu ermorden. Frank T. schickte dem Gründer des Chats eine Handlungsanweisung, die folgende Sätze enthielt: „Desto besser die Kommunikation, umso einfacher das Sammeln untereinander am Tag X. Doch bis dahin gilt für jeden von uns, so wenig wie möglich aufzufallen.“

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In seiner Rücktrittserklärung kritisierte Lorenz Caffier nun die Medien, sprach von "völlig enthemmter Berichterstattung". Tatsächlich hat Caffier über Jahre hinweg Interviewanfragen und Bitten um Hintergrundgespräche abgelehnt, obwohl klar war, dass er Frank T. und dessen Schießstand kannte.

Das späte Eingeständnis des Waffenkaufs bei Frank T. geht auf die Beharrlichkeit der taz-Reporterin Christina Schmidt zurück. Die Zeitung recherchiert seit langem intensiv im Nordkreuz-Komplex, etliche Missstände wurden nicht durch das Innenministerium oder Ermittler, sondern die taz aufgedeckt.  

Vergangenen Donnerstag fragte Christina Schmidt nun  Caffier auf einer Pressekonferenz, ob er eine Waffe bei Frank  T. gekauft habe. Die auf Video festgehaltene Verweigerung löste in den Sozialen Medien große Empörung aus. Am Tag darauf gab Caffier gegenüber dem „Spiegel“ erstmals den Waffenkauf schließlich zu.

Einer derjenigen, der von Lorenz Caffier seit Jahren Auskunft über dessen Verbindungen zu Frank T. haben wollte und dessen Anfragen entweder abgelehnt oder ignoriert wurden, ist der ZDF-Journalist Dirk Laabs. Am Dienstag schrieb Laabs auf Twitter: "Caffier war im Prinzip 2019 schon nicht mehr zu halten, Pistole hin, Pistole her. Zu viele Frage warfen seine Kontakte zu Baltic Shooters auf." Baltic Shooters heißt das Unternehmen von Frank T. (mit AFP/dpa)

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