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Politik: In guter Gesellschaft

Von Sven Lemkemeyer Legal, halb legal, illegal? Von einem Skandal wagt niemand zu sprechen, doch die Lobby-Affäre rund um den Frankfurter PR-Berater Moritz Hunzinger schlägt weiter Wellen.

Von Sven Lemkemeyer

Legal, halb legal, illegal? Von einem Skandal wagt niemand zu sprechen, doch die Lobby-Affäre rund um den Frankfurter PR-Berater Moritz Hunzinger schlägt weiter Wellen. Nach der Entlassung von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping und den am Samstag bekannt gewordenen Privatkredit von Hunzinger an den innenpolitischen Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, gehen erste Politiker auf Distanz zu der schillernden Figur der PR-Branche.

So beeilte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Reinhold Robbe zu versichern, er sei „formal zu keinem Zeitpunkt“ Mitglied des Aufsichtsrats der börsennotierten Hunzinger AG gewesen. Robbe, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD-Fraktion, bestätigte der „Welt am Sonntag“, er sei 1999 in den Aufsichtsrat berufen worden, habe jedoch nur an einer Sitzung teilgenommen und sofort seinen Rücktritt erklärt – nach Rücksprache mit dem damaligen Fraktionschef Peter Struck. Rechtlich sei dies ohne Bedeutung geblieben, weil die Hunzinger AG ihn nicht beim Amtsgericht als Aufsichtsratmitglied benannt habe, sagte Robbe.

Robbe sollte Hans-Martin Bury folgen. Dieser war ausgeschieden, weil er als Staatsminister ins Bundeskanzleramt wechselte. Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, hatte Kanzleramtsminister Franz-Walter Steinmeier SPD-Politiker vor Geschäftskontakten mit Hunzinger gewarnt. Grund: Verdacht auf Insiderhandel. Tatsächlich hatte das Frankfurter Bundesaufsichtsamt für Wertpapierhandel im Jahr 1999 Vorwürfe wegen Insiderhandels geprüft, weil vor der offiziellen Veröffentlichung von Unternehmensdaten Informationen über einen elektronischen Wirtschaftsdienst verbreitet worden waren. Zu einer Geldstrafe von 52 000 Mark wurde Hunzinger im Jahr 2001 verurteilt. Er hatte kursrelevante Informationen an einen Börsenbrief weitergegeben und seine Aktien verkauft, nachdem der Kurs gestiegen war.

Im Aufsichtsrat der Hunzinger AG versammeln sich nach wie vor Spitzen aus Politik und Wirtschaft, derzeit der frühere DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière, Ex-RTL-Chef Helmut Thoma oder NRW-Finanzstaatssekretär Harald Noack oder der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes, Peter Frisch. Auch sonst schmückt sich Hunzinger mit Prominenten - und sie sich mit ihm. An seinem „Politischen Salon“ nahmen als Redner oder Gäste – laut Homepage des Unternehmens – neben Rudolf Scharping (SPD) unter anderem Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne), ihr Fraktionschef Rezzo Schlauch sowie Grünen-Außenminister Joschka Fischer, Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der ehemalige Außenminister Klaus Kinkel und Ex-Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (beide FDP) teil. Beraten hat er auch den ehemaligen EU-Kommissar Martin Bangemann (FDP), der als enger Freund Hunzingers gilt.

Angeblich verfügt der PR-Berater, der sich auf die Rüstungsbranche spezialisiert hat, über eine Kartei mit 60 000 Adressen von Politikern und Wirtschaftsbossen. Nach einem Bericht des „Spiegel“ soll er 1998 der FDP 100 000 Mark, der CSU 130 000 Mark und der CDU 70 000 Mark gespendet haben. Sein taucht auch im Zusammmenhang mit der Spendenaffäre um den Waffenhändler Schreiber auf. Für seine Dienste stellt der PR-Profi angeblich bis zu sechsstellige Beträge in Rechnung – und offenbar betätigt er sich auch als Geldverleiher. Siehe Özdemir.

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