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Reichen die Beweise? Das saudische Militär zeigte Drohnen und andere Waffen, die aus dem Iran stammen sollen und wichtige Öleinrichtungen angriffen.

© dpa

Nach der Erklärung der drei EU-Staaten: Hilft die Schuldzuweisung an Iran?

Merkel, Macron und Johnson konstatieren, Iran sei verantwortlich für den Angriff auf saudische Ölanlagen. Die deutsche Opposition streitet, ob das richtig ist.

Von Hans Monath

Die Schuldzuweisung für die Angriffe auf saudische Ölanlagen an Iran durch Deutschland, Frankreich und Großbritannien hat harte Kritik der Opposition im Bundestag provoziert. Zwar gebe es Hinweise, wonach Iran bei den Angriffen eine Rolle gespielt habe, sagte Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour dem Tagesspiegel. Es sei jedoch „verantwortungslos“, ein Urteil zu fällen, ohne das Ergebnis der eingeleiteten Untersuchung abzuwarten. „Damit schränkt die Kanzlerin Deutschlands Möglichkeiten ein, zu einer Deeskalation in der Region beizutragen“, warnte der Abgeordnete. Zudem werde durch die Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel, des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des britischen Premiers Boris Johnson die Glaubwürdigkeit kommender Untersuchungsergebnisse untergraben.

Linken-Vizefraktionschefin Sevim Dagdelen warnte, anstatt die Ergebnisse internationaler Untersuchungen abzuwarten, würden Merkel, Macron und Johnson „ins Horn von US-Präsident Trump blasen“. Das EU-Trio leiste „mit seinen Anschuldigungen auf der Grundlage von Spekulationen einen Beitrag zur Eskalation“ und formuliere so „die endgültige Absage“ an das Atomabkommen mit dem Iran.
In der SPD wird die Schuldzuweisung an den Iran skeptisch gesehen. Der kommissarische Fraktionschef Rolf Mützenich machte deutlich, dass er die Bundesregierung nun in der Pflicht sieht, ihren Schritt zu begründen. Seine Fraktion werde die Regierung bitten, in den nächsten Tagen notfalls in geheim tagenden Gremien zu erklären, „was zu dieser Einschätzung geführt hat“, sagte er. Entscheidend sei, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien weiter versuchten, das Atomabkommen zu retten. Er hoffe, dass die Aussage Johnsons, wonach nun Trump die Angelegenheit mit dem Iran regeln solle, nicht die Auffassung der gesamten britischen Regierung sei.

FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff lobte dagegen, es sei richtig, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien gegenüber dem Iran gemeinsam auftreten würden. Die Bundesregierung müsse jetzt den iranischen Botschafter einbestellen und eine europäisch abgestimmte Botschaft senden: „Bei weiteren Aggressionen des Iran müssen auch von EU-Seite wieder Sanktionen auf den Tisch kommen, unabhängig vom Atomabkommen“, forderte der Abgeordnete.

Merkel, Johnson und Macron hatten am Montag in einer gemeinsamen Erklärung den Iran für die Luftangriffe auf Ölanlagen in Saudi-Arabien verantwortlich gemacht. Es gebe „keine andere plausible Erklärung“ für die Attacken, erklärten die drei Staats- und Regierungschefs. Zugleich warnten sie Teheran vor einer weiteren „Provokation“. „Für uns ist klar, dass der Iran die Verantwortung für den Angriff trägt“, hieß es in dem Text. Zuvor hatten bereits die USA und Saudi-Arabien Teheran für die Attacken auf die Ölanlagen in Churais und Abkaik verantwortlich gemacht.

Hinter der Entscheidung Merkels dürfte vor allem der Wunsch stehen, in dieser Streitfrage die Einheit westlicher Staaten zu wahren. Alle drei EU-Staaten bemühen sich, das durch US-Präsident Donald Trump aufgekündigte Atomabkommen mit dem Iran zu retten. Premier Johnson hat aber seit seinem Amtsantritt die Rhetorik gegenüber dem Iran deutlich verschärft und sich damit der Position Trumps angenähert.

Saudi-Arabien begrüßte die Erklärung Merkels und ihrer Partner. Der saudische Botschafter in Berlin Faisal bin Farhan Al-Saud sagte dem Tagesspiegel, er freue sich über das klare Signal, dass sie Teheran für den Verantwortlichen der Angriffe auf unsere Ölförderanlagen halten. "Es zeigt auch, dass die internationale Gemeinschaft entschlossen ist, solche Angriffe auf die Weltwirtschaft nicht unwidersprochen hinzunehmen", fügte er hinzu.

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