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Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) umarmt Jens Arlt, Brigadegeneral der Bundeswehr, auf dem niedersächsischen Stützpunkt Wunstorf.

© Daniel Reinhardt/dpa

Helden wie ihr: Wie der Kabul-Einsatz den Blick auf die Bundeswehr verändert

Rufe nach Ehrungen werden laut, ein Brigadegeneral von AKK umarmt - der Bundeswehr von Herzen gedankt. Wie jetzt weiter gerettet werden soll.

Der Einsatz in der Kabul-Krise scheint den Blick auf die Bundeswehr zu verändern. Nicht nur Brigadegeneral Jens Arlt wird als Held gewürdigt – alle rund 600 an dem bisher größten und gefährlichsten Rettungseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr beteiligten Soldatinnen und Soldaten bekommen parteiübergreifend große Anerkennung und Wertschätzung.

Dieses Mal gab es für die Angehörigen der Parlamentsarmee auch einen würdigen Empfang, anders als bei der Rückkehr der letzten Soldaten aus dem regulären Afghanistan-Einsatz. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil lobte sogar die Verteidigungsministerin von der  CDU: „Wahlkampf hin oder her: Dank an Annegret Kramp-Karrenbauer.“

Ja, es waren emotionale Szenen nach der Ankunft der Truppe aus dem usbekischen Taschkent im niedersächsischen Wunstorf. Das Bild wie die Verteidigungsministerin den für die Mission verantwortlichen Brigadegeneral Jens Arlt innig umarmt, wird wohl in die Geschichte eingehen – zwei, von einer großen Last befreit. Bei der Ankunft und der Umarmung trug Arlt noch sein Sturmgewehr, eine Szene wie eine Botschaft: Die Zeiten werden härter, auch die Bundeswehr muss sich auf robustere Einsätze einstellen. "Wir müssen auch ohne die Amerikaner in der Lage zu sein, so einen Flughafen wie in Kabul zu sichern", sagt Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet.

Am 27. August waren die ersten Soldaten der Bundeswehr nach Deutschland zurückgekehrt.
Am 27. August waren die ersten Soldaten der Bundeswehr nach Deutschland zurückgekehrt.

© Daniel Reinhardt/dpa

„Dieser Einsatz wird mich prägen, wird uns alle prägen“, sagte der 52-jährige Arlt. Er hatte im dramatischen Finale dieses Evakuierungseinsatzes einen „emergency departure“ ausgelöst, da die letzten A400M in Kabul gerade beladen wurden, als sich an einem der Tore zum Flughafen ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengte. Die Maschinen starteten, zwei deutsche Soldaten blieben zunächst zurück und wurden dann von dem den Einsatz begleitenden, über Kabul kreisenden Sanitätsflieger aufgenommen.

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Arlt ist seit mehr als 30 Jahren bei der Bundeswehr, kam später zum Kommando Spezialkräfte (KSK) und war unter anderem an Auslandseinsätzen in Bosnien, dem Kosovo und Afghanistan beteiligt. Der Vater von drei Kindern absolvierte schließlich von 2002 bis 2004 die Generalstabsausbildung an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Nach mehreren Stationen im Ministerium war er von 2009 bis 2011 Kommandeur der Einsatzkräfte des Kommando Spezialkräfte in Calw.

Zuletzt wurde der Inhaber des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold Kommandeur der Luftlandebrigade 1 in Saarlouis.

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Für Söder sind die Soldaten wahre Helden

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert nun, „alle Soldaten, die in Afghanistan im Einsatz waren, sollten das Bundesverdienstkreuz oder eine vergleichbare Ehrung bekommen“.

Für ihn seien „unsere Soldatinnen und Soldaten wahre Helden“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Zugleich müsste sich Deutschland auf mehr robuste Einsätze der Bundeswehr einstellen, wenn man wirklich mehr Verantwortung übernehmen wolle. Ohne die Absicherung der US-Streitkräfte wäre auch die Evakuierungsmission nicht möglich gewesen.

Dennoch: Mit 37 Flügen konnten 5347 Menschen aus mindestens 45 Ländern ausgeflogen werden, darunter rund 500 Deutsche und 4000 Afghanen – allerdings sind offenbar nur wenige Ortskräfte dabei gewesen, laut „Welt am Sonntag“ nur rund 100 mit ihren Familien. Es stehen noch mehr als 10000 Menschen auf den Ausreiselisten des Auswärtigen Amts, darunter 300 Deutsche, hieß es.

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Beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr arbeitet ein Call Center zur Bearbeitung der vielen Anfragen aus Kabul und anderen afghanischen Städten auf Hochtouren. Es stehe rund um die Uhr allen ehemaligen Ortskräften „als Ansprechstelle zur Verfügung und hält fortgesetzt Kontakt zu ihnen“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Die derzeit sechs Teams arbeiteten im Schichtdienst und sollen aufgestockt werden. „Die Sprachmittler decken die afghanischen Landessprachen Paschtu und Dari ab.“

Die Informationen und Hilfsersuchen würden dann hauptsächlich an das Auswärtige Amt (AA), weitergeleitet, das für die Organisation der Ausreise der Menschen mit einer Aufnahmezusage zuständig ist.

Kritik auf Heiko Maas wird immer lauter

Während Kramp-Karrenbauer vorerst ihre Mission gemeistert hat, wird die Kritik an dem ohnehin unter Druck stehenden stehenden Außenminister Heiko Maas (SPD) immer lauter. Er kann wohl auch bei einem SPD-Wahlsieg kaum auf eine zweite Amtszeit hoffen. Das Hauptproblem: Selbst wenn die Taliban den Tausenden im Land verbliebenen Ortskräften und früheren Mitarbeitern von Hilfsorganisationen freies Geleit gewähren sollten, bleibt als Hindernis, dass der zivile Teil des Flughafens nicht nutzbar ist.

„Der zivile Teil auf der Südseite ist zerstört“, sagte Arlt. Die Rettungsflüge der vergangenen Tage wurden deshalb allein über den militärischen Teil des Flughafens abgewickelt. Maas will nun mit mehreren Staaten verhandeln, um Druck auf die Taliban aufzubauen, damit sie die schutzbedürftigen Menschen gehen lassen und nicht als Verräter verfolgen.

Er brach am Sonntag zu einer viertägigen Reise in fünf Länder auf, die alle eine wichtige Rolle bei den weiteren Bemühungen spielen. Erste Station ist die Türkei, die für den Weiterbetrieb des Flughafens in Kabul und die Aufnahme von Flüchtlingen von Bedeutung ist. Dann folgen Usbekistan, Pakistan und Tadschikistan bevor es nach Katar geht. Das kleine, aber einflussreiche Golfemirat hat sich tatkräftig an den Evakuierungen beteiligt.

In der Hauptstadt Doha sitzt außerdem das politische Büro der Taliban, das als eine Art Außenministerium der neuen Machthaber fungiert.

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