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Viele Verlierer: Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und sein entlassender Innenminister Holger Stahlknecht (CDU).

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Koalitionskrise in Sachsen-Anhalt: Haseloff macht den Buchhaltertrick

Der Ministerpräsident kippt die Erhöhung der Rundfunkgebühren durch Nichtbefassung. Damit vermeidet er Zerreißproben, verloren hat er trotzdem. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Es gibt aus allen Krisen Auswege. Manche führen allerdings geradewegs in den Sumpf. Dass Reiner Haseloff sich in der Gebührenkrise in Sachsen-Anhalt nur mit einem politischen Buchhaltertrick zu helfen wusste, zeigt nur noch einmal, wie tief der Morast in Magdeburg ist.

Denn mehr als ein Trick ist es nicht, wenn der Ministerpräsident den Gesetzentwurf zur Gebührenerhöhung für die Öffentlich-Rechtlichen zurückzieht.

Kein Gesetz, also kein Medienausschuss, also kein Beschluss im Landtag. Die übelsten Fernsehbilder sind damit vermieden. Man wird keine CDU-Fraktion sehen, die gemeinsam mit der AfD die Hand hebt, um die Koalitionspartner SPD und Grüne zu überstimmen. Man wird auch keine AfD sehen, die die Gebührenanhebung kippt, während die Koalitionäre reglos zuschauen.

Der Gebühren-Kompromiss aller 16 Bundesländer scheitert durch Nichtbefassung. Grüne und SPD fügen sich zähneknirschend. Denn: In der Corona-Pandemie sprengt man besser keine Regierung.

Profitieren von den Chaostagen wird nur die AfD

Aber profitieren, und zwar als einzige, wird von den Magdeburger Chaostagen die AfD. Da können die CDU-Abgeordneten noch so oft erklären, dass sie die 86 Cent mehr für das unbeliebte West-Fernsehen verhindert haben – die AfD wird sich als die wahren Treiber gebärden.

Und nicht mal zu Unrecht. Ohne die Rechtstruppe im Nacken wäre selbst diese CDU-Fraktion womöglich kompromissbereiter.

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So steht Haseloff als König ohne Land da, von den eigenen Truppen zur Kapitulation gezwungen. Wie will der Mann als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in einem halben Jahr für die CDU kämpfen und die für ihn?

Verloren hat auch die Bundespartei. Die amtierende CDU-Chefin schwieg notgedrungen, um die Magdeburger nicht noch zu reizen, der Vorstand ging in Deckung, die drei Vorsitzkandidaten redeten durcheinander.

Dabei braucht die Partei eine glasklare Linie, wie sie damit umgeht, wenn die AfD ihre Positionen teilt. So wie in Magdeburg jedenfalls nicht. Einen Abstimmungssieg mit AfD-Stimmen in Kauf zu nehmen – darüber darf eine CDU nicht einmal nachdenken.

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