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Der ehemalige Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg

© dpa/Sven Hoppe

Guttenberg-Comeback zur Bundestagswahl: "Jetzt ist auch mal irgendwann gut"

Karl-Theodor zu Guttenberg meldet sich auf der politischen Bühne zurück, um CSU-Wahlkampf zu machen. Die Plagiatsaffäre will er abhaken - genau wie seine Fans.

Von Robert Birnbaum

Andreas Spreng ist heute ein glücklicher Mensch. Jahr und Tag hat der Rentner aus der Nähe von Eichstätt seinem Idol die Treue gehalten, in guten und in schlechten Tagen. Jahr für Jahr hat er beim Politischen Aschermittwoch der CSU in Passau sein selbst gemaltes Schild in die Höhe gereckt: „KT für Bayern und Berlin!“ Es gab Jahre, erzählt Spreng, da haben ihm die einen applaudiert und die nächsten „Betrüger!“ gezischt. Jetzt steht der 81-Jährige in der Stadthalle von Kulmbach, und ER ist gekommen. Nun ist alles gut: „Welcome in Bavaria, Karl-Theodor!“

Offiziell heißt das Thema des Abends „Die Bundestagswahl in einer Zeit der Welt im Umbruch“, und der zwischenzeitliche Amerikaner Karl-Theodor zu Guttenberg wird darüber dann später auch allerlei erzählen. Aber eigentlich ist das nur ein Randaspekt. Im Zentrum steht nicht die Welt. Im Zentrum steht dieser Mann, der vor sechs Jahren als Verteidigungsminister zurücktreten musste, weil er sich einen Doktortitel erstunken und erlogen hatte. Dieser Mann, der aber immer noch Fantasien entfacht. Als er damals in Amt und Würden war, hat Horst Seehofer ihn als Konkurrenten gefürchtet. Jetzt hat der CSU-Chef ihn zurückgeholt. Für den Wahlkampf. Oder … ?

"Irgendwie scheint es wie früher zu sein"

In der Stadthalle stehen sie dicht an dicht, mehr als 1000 Menschen; draußen im Foyer sitzen die, die nicht mehr reingepasst haben. Der Herr Spreng repräsentiert nicht ganz das Durchschnittsalter, doch die Älteren sind klar in der Überzahl. „Ich soll von meinem Sohn grüßen“, entschuldigt sich eine ältere Dame beim CSU-Bezirksvorsitzenden Hans-Peter Friedrich, „er ist noch im Urlaub.“

Als er kommt, bricht donnernder Applaus aus. „Irgendwie scheint es zu sein wie früher“, sagt der Bürgermeister, „ein Familientreffen in der Heimat“. Tatsächlich liegen ja Schloss und Ort Guttenberg hier um die Ecke. Die Familie ist da, auch der Vater, der alte Baron Enoch zu Guttenberg. Diese Ortswahl für den ersten von insgesamt sieben Auftritten, die Guttenberg im Wahlkampf in Bayern absolvieren soll, ist kein Zufall. Die Sache ist ein Experiment. Experimente beginnt man besser auf sicherem Grund.

Der Mann auf der Bühne beginnt es aber sehr entschlossen. „Danke“, sagt er, als der Applaus abklingt, „danke für einen Empfang, wie ich ihn nicht erhoffen durfte.“ Bescheiden anfangen ist gut. „Aus ganzem Herzen: Danke“ einer Heimat, „aus der ich in meinen dunklen Stunden unheimlich viel Aufmunterung erfahren habe“. Und ein weiterer Dank sogar an alle, „die mich zu Recht bei meinem selbst verursachten Versagen scharf kritisiert haben.“

Er lobt auch Angela Merkel

So weit, so Bescheidenheit. Doch das war’s dann auch in dieser Rolle. „Ich habe, so glaube ich, alle Konsequenzen gezogen und ertragen“, sagt Guttenberg. „Aber ich darf auch nach langer Zeit für mich sagen: Jetzt ist auch mal irgendwann gut!“

Der Saal tobt. Das sehen sie ebenso.

Womit er zum offiziellen Thema kommen kann – als „engagierter Bürger“ sowie in freier Rede und nicht vom Rednerpult aus, „weil ich sonst in Gefahr geraten wäre, eine abgeschriebene Rede vorzulesen“. Das Publikum kichert wissend. Dazu kriegt es noch öfter Gelegenheit. Der Weltmann witzelt auf der Kleinstadtbühne über den US-Präsidenten („Wie dreht Donald Trump eine Glühbirne ein? Er hält sie in die Fassung und wartet, dass die Welt sich um ihn dreht.“) Er lässt Erdogan, Putin, Assad aufmarschieren als Typen mit einem Ego, „das in meinen Augen nur von meinem Rauhaardackel übertroffen wird“.

Und er lobt Angela Merkel. Bei der sei das Land in guten Händen: „Wenn eine mit Alphatieren, die vor Kraft kaum laufen können, umgehen kann, dann sie“, sagt Guttenberg, „das hab' ich am eigenen Leib erfahren müssen.“ Doch was seine ehemalige Chefin erst so richtig menschlich mache, das sei eine andere Eigenschaft: Dass sie „auch in der Lage ist, einen Fehler zu benennen und ihn zu korrigieren – unter tatkräftiger Mithilfe der CSU.“

Im Publikum nicken sie wieder wissend. „Ja, meine Damen und Herren, auch eine Bundeskanzlerin macht mal Fehler“, sagt der Mann auf der Bühne. Die sei auch keine unfehlbare Heilige, sonst müsste sie sich in Rom zur Wahl stellen, „wo sie aber noch keine Frauen nehmen.“ Das Publikum kichert. Ob es den eigentlichen Gag verstanden hat? Fehler macht jede mal, heißt die Botschaft. Kein Grund, sie zu verdammen. Oder auch: ihn.

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