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Olaf Scholz plant grüne Anleihen.

© Fabrizio Bensch/Reuters

Olaf Scholz und die grünen Bundesanleihen: Gute Sache oder Mogelpackung?

Der Bundesfinanzminister hat Green Bonds des Bundes angekündigt. FDP und Grüne werfen ihm vor, Greenwashing zu betreiben.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will grüne Bundesanleihen ausgeben. Und zwar schon bald. 2020 soll es losgehen. Die Finanzagentur des Bundes, welche die Bundesanleihen ausgibt, plant schon einige Zeit damit. Und auch die Bundesbank beschäftigt sich mit dem Thema. Denn Green Bonds sind eine Anlageform, die im Kommen ist. Die Nachfrage wächst, nachhaltige Investments sind groß in Mode. Die Finanzindustrie hat daher ein starkes Interesse an grünen Anleihen, mit denen üblicherweise Umwelt- und Klimainvestitionen direkt finanziert werden.

Den spezialisierten Green-Bond-Fonds und allen anderen Anbietern, die gern etwas grüner auftreten würden, fehlt es jedoch an Nachschub. Es gibt einfach zu wenig Green Bonds. Sie machen nur etwa zwei Prozent des gesamten internationalen Anleihemarkts aus. Da wäre eine ordentliche Portion an grünen Bundesanleihen sehr willkommen.

Scholz sagte, dass er Green Bonds ausgeben lassen will, um auslaufende Bundesanleihen abzulösen. Denn eine echte Neuverschuldung plant der Finanzminister nicht, es gilt die im Koalitionsvertrag vereinbarte schwarze Null. Konkrete Umwelt- oder Klimaprojekte im Etat können dagegen nur schwer mit Bundesanleihen verbunden werden, denn die Kredite, die der Staat aufnimmt, fließen wie die Steuern in den großen Topf – Anleihen des Bundes sind üblicherweise nicht zweckgebunden.

Nicht umsonst sind Green Bonds bisher eher im Bereich der Unternehmensanleihen üblich gewesen oder als Finanzierungsinstrumente von Förderbanken wie der KfW. Grüne Staatsanleihen sind noch nicht sehr verbreitet.

 SPD lobt: Vorstoß ist zukunftsweisend

Während man in der Union die Ankündigung von Scholz kommentarlos zur Kenntnis nimmt, lobt die SPD den Vorstoß ihres Vizekanzlers. Bundestags-Fraktionsvize Achim Post spricht von einem „zukunftsweisenden Impuls für nachhaltige Investitionen“. Das sei ökologisch sinnvoll, aber auch finanzpolitisch vernünftig. „Über die unmittelbaren Investitionen des Bundes hinaus kann der Vorstoß auch den nachhaltigen Anleihenmarkt insgesamt stimulieren.“ Je mehr Kapital für nachhaltige Zwecke anstatt für spekulative Geschäfte genutzt werde, desto besser.

In der Opposition herrscht weniger Begeisterung. FDP-Fraktionsvize Christian Dürr sieht gar eine Täuschung von Investoren. „Die Planungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zu sogenannten Green Bonds sind eine Mogelpackung und eine schlechte PR-Aktion“, sagte Dürr dem Tagesspiegel. „Die Idee grüner Anleihen macht nur Sinn, wenn die Bundesregierung neue Schulden aufnimmt.“ Da sie das aber nicht tut, sondern Scholz die Refinanzierung auslaufender Anleihen betreibt, sieht Dürr „nichts anderes als Greenwashing bestehender Ausgaben“.

Als Greenwashing werden in der Regel Werbeaktionen von Unternehmen bezeichnet, die ihren Produkten ein grünes Mäntelchen umhängen wollen, ohne tatsächlich nachhaltig zu sein. Dürr hegt jedoch noch einen Verdacht: „Es wirft automatisch die Frage auf, ob Olaf Scholz die schwarze Null beerdigen möchte.“ Denn andernfalls werde mit dem eingenommenen Geld der Investoren „die Rente mit 63, Mautstrafzahlungen oder teure Beraterverträge finanziert, aber keine ökologischen Projekte.“

 „Nicht einfach eine PR-Nummer“

„Es ist gut, dass der Finanzminister sich endlich mit dem Thema Green Bonds auseinandersetzt“, meint dagegen der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler. Andere Staaten seien hier schon deutlich weiter. Doch entscheidend sei die Umsetzung. „Umwelt-Anleihen dürfen nicht einfach eine PR-Nummer sein. Sie müssen ein Instrument sein, um zusätzliche Ausgaben in Klima- und Umweltschutz zu finanzieren, nur dann haben sie auch einen echten Mehrwert“, sagte Kindler dem Tagesspiegel.

So sieht auch er das Vorgehen von Scholz eher kritisch. „Einfach die bestehenden Anleihen bei der Umschuldung als ökologisch zu verkaufen, ohne dass dafür auch nur ein Euro mehr für Klimaschutz ausgegeben wird, ist Greenwashing. Das sind aber offenbar die Planungen von Olaf Scholz.“ Das Klammern an der schwarzen Null verhindere dagegen neue Investitionen in den Klimaschutz. „Olaf Scholz muss endlich runter von der Investitionsbremse.“

Wie grün ist der Bundeshaushalt? 

Im Finanzministerium wird gerade ein Überblick erstellt, wie hoch der Anteil „grüner“ Ausgaben im Bundesetat ist. Die zweistellige Milliardensumme, die hier zusammenkommen wird, kann dann dazu dienen, das Volumen grüner Bundesanleihen zu bestimmen und den Vorwurf des Greenwashing abzuwehren. Eine Möglichkeit für den Finanzminister wäre auch, das Hauptfinanzierungsvehikel im Klimapaket der schwarz-roten Koalition für Green Bonds zu nutzen: Der Energie und Klimafonds (EKF), schon vor Jahren als Nebenhaushalt eingerichtet, könnte eigene Anleihen ausgeben, die dann tatsächlich direkt an Öko-Projekte und Fördermaßnahmen gekoppelt wären. Doch ist das Volumen des EKF derzeit mit vier Milliarden Euro eher klein, EKF-Anleihen wären somit für Großinvestoren wie Fondsanbieter oder Pensionsfonds wohl nicht so interessant. Zudem laufen Förderungen ohnehin über die KfW.

Zudem leiden die EKF-Maßnahmen bisher darunter, dass die Mittel nicht abfließen. Eine Aufstockung des Sondervermögens über Anleihe-Einnahmen würde daher zunächst nichts anderes als die Einrichtung eines Geldparkplatzes sein. Die Finanzagentur plant zudem, die neuen grünen Bundesanleihen in einer ganz speziellen Form auszugeben – als „Zwillingsanleihen“ nämlich. Das bedeutet, dass die grüne Anleihe jederzeit in eine normale Bundesanleihe umgetauscht werden könnte. Das soll die Handelbarkeit erhöhen, reduziert aber den „Grün-Effekt“ der Umweltanleihen des Bundes. Investoren, die an strikte Öko-Kriterien gebunden sind, könnten dann abwinken.

 Ohne höheren Zins

Die Green Bonds, die Scholz plant, haben mit normalen Bundesanleihen in jedem Fall eines gemeinsam: Der Zinssatz ist ebenfalls niedrig. Denn einen höheren Zins, wie etwa die CSU ihn fordert, will er auch bei Umweltanleihen nicht zahlen. Einen Vorteil könnten Green Bonds bekommen, wenn die Zentralbanken bevorzugt solche Anleihen aufkaufen würden, weil auch sie ihre Politik nachhaltig ausrichten sollen.

Doch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat das gerade erst abgelehnt, weil Zentralbanken dem Grundsatz der Marktneutralität verpflichtet sein müssten. 

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