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Hat große Chancen, Chef der Labour Party zu werden. Der ultralinke Kandidat Jeremy Corbyn.

© REUTERS

Großbritannien: Labour rückt nach links außen

Die Labour Party in Großbritannien wird von neuen linken Mitgliedern überrannt, die den ultralinken Kandidaten Jeremy Corbyn zum Parteichef wählen wollen. In Umfragen liegt er weit vorn. Kritiker befürchten, dass Labour sich damit um alle Wahlchancen bringt.

Der Kampf um die Führung der Labour Party in Großbritannien wird bissiger und spannender. Eine interne Umfrage bestätigte den wachsenden Vorsprung des ultralinken Labour-Abgeordneten Jeremy Corbyn. Mehr und mehr Gewerkschaften empfehlen nun seine Wahl. Auch Wettbüros gehen von seinem Sieg aus.

Die Arbeiterpartei, die unter Tony Blair mit großem Wahlerfolg in die Mitte rückte und im Mai unter dem linken Parteichef Ed Miliband eine schwere Niederlage erlitt, könnte ganz weit nach Links driften – ins politische Abseits, wie viele Unterhausabgeordnete von Labour glauben.

„Ein Sieg Corbyns würde unsere Welt zu einer Tory-Zukunft verdammen“, warnte Yvette Cooper „eine der drei Kandidaten, die neben Corbyn zur Wahl stehen. „Höchste Zeit, dass wir in der Labourpartei ernst werden.“ Der Labourabgeordnete John Mann forderte den Abbruch des laufenden Wahlkampfs um die Führung. „Der Wahlprozess ist völlig außer Kontrolle. Eine Farce“, sagte er.

Kommunisten und Grüne infiltrieren die Partei

Während die Karrierepolitiker im Unterhaus die Hände überm Kopf zusammenschlagen, scheint die Parteibasis vom „Corbyn-Fieber“ gepackt zu sein. Eine Mehrheit der Bezirke hat sich bereits für den linken Hardliner ausgesprochen. Noch schwerer wiegt, dass die Parteiorganisation Berichten zufolge von bis zu 140000 neuen Parteimitgliedern „infiltriert“ wurde, darunter von linken Gruppierungen wie den Kommunisten und Grünen.

Nach neuen Regeln, mit denen der zurückgetretene bisherige Parteichef Ed Miliband die Partei demokratischer machen wollte, reichen drei Pfund für eine Solidaritätsmitgliedschaft, die berechtigt, am Wahlprozess teilzunehmen. Nicht nur ultralinke Romantiker machen davon Gebrauch. Auch Tory-Anhänger wie der „Daily-Telegraph“-Kolumnist Dan Hodges treten ein. „Die Linke behauptet, Corbyn sei, was die Briten wollen. Machen wir ihn zum Labourchef und sehen, was passiert“, schrieb er in seiner Zeitung.

Die einen glauben, dass Corbyn Labour zerstören würde. Aber seine echten Fans glauben an eine Renaissance der antikapitalistischen Linken und nennen die Wahlerfolge von Syriza in Griechenland oder der schottischen SNP als Beispiel. Corbyn, 66 Jahre alt, ein von Generationen von Labour-Parteichefs wegen dauerhaftem Rebellentum gemiedener Hinterbänkler, soll die authentische Stimme einer neuen Volkserhebung gegen Banken, Sparpolitik und Rüstungsindustrie sein.

Was passiert, wenn Corbyn am 12. September auf einem Sonderparteitag tatsächlich als neuer Parteichef ausgerufen wird? „Wir stehen an einem Scheideweg“, warnt ein weiterer Kandidat, Andy Burnham, und deutet damit an, dass sich die Partei spalten könnte. Viele würden Jeremy Corbyn schlicht die Gefolgschaft verweigern. Insider glauben, dass Corbyn nicht einmal ein Schattenkabinett zusammen bekommen würde. Der Putsch gegen den neuen Chef würde am Tag seiner Wahl beginnen.

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