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Separatisten am Montag vor der von ihnen besetzten Zentralbank im ostukrainischen Donezk

© AFP

Thesen aus SPD, Linken und Grünen zur Ukraine: "Grenzverschiebungen wie bei der Krim sind inakzeptabel"

Im Streit um die Ukraine-Politik sind SPD, Linke und Grüne im Bundestag mehrfach heftig aneinander geraten. Jetzt suchen Politiker aus den drei Parteien den Konsens.

Von Matthias Meisner

Außenpolitiker aus SPD, Linkspartei und Grünen wollen in der Ukraine-Politik eine Verständigung erreichen. Vor einer rot-rot-grünen Diskussionsrunde am 3. Juli zum Thema erklärten die Bundestagsabgeordneten Niels Annen (SPD), Stefan Liebich (Linke) und Manuel Sarrazin (Grüne), es müsse in dem Konflikt endlich darüber gesprochen werden, was die Menschen in der Ukraine wollen und nicht zuerst darüber, was Russland, die Europäische Union oder die USA wollen.

Um dies zu erfahren, sollte nach der Präsidentschaftswahl vom 25. Mai auch das Parlament neu gewählt werden, erklärten die drei Politiker gemeinsam dem Tagesspiegel: "Wir sind sicher, dass spätestens dann Swoboda keinen Platz mehr in der Regierung hat." Derzeit gehören in Kiew mehrere Minister, der Vizepremier und auch der Generalstaatsanwalt der nationalistischen Swoboda-Partei an. Bei der Präsidentschaftswahl, aus der Petro Poroschenko als klarer Sieger hervorging, war der Swoboda-Vorsitzende Oleg Tjagnibok dagegen nur auf 1,2 Prozent der Stimmen gekommen.

"Einseitige Grenzverschiebungen, zumal unter Androhung von Militär, wie bei der Krim geschehen, sind unakzeptabel und völkerrechtswidrig", heißt es weiter in den Thesen von Annen, Liebich und Sarrazin. Ebenso seien die Waffenlieferungen an die Separatisten "nicht akzeptabel und müssen umgehend eingestellt werden". Die drei Außenpolitiker betonen: "Alle Seiten sind dazu aufgefordert, zur Beruhigung Lage beizutragen und die territoriale Integrität der Ukraine zu schützen."

Niels Annen
Niels Annen ist Außenpolitiker der SPD

© Deutscher Bundestag/Achim Melde

Auf Einladung der R2G-Gruppe junger Bundestagsabgeordneter, die sich seit Jahren um eine Verständigung zwischen SPD, Linkspartei und Grünen bemüht, wollen die drei Politiker am 3. Juli in Berlin mit der ukrainischen Menschenrechtsaktivistin Oleksandra Bienert von der Gruppe Pravo diskutieren - unter anderem über die Perspektiven der Ukraine, den möglichen Sinn von Sanktionen, die Rolle der OSZE sowie den den Schutz der Bevölkerung der Ostukraine. Thema des Gesprächs: "Ukraine - neue Herausforderung für die Europäische Union?" Erst kürzlich hatten sich die Bundestagsabgeordneten Cansel Kisiltepe (SPD), Axel Troost (Linke) und Lisa Paus (Grüne) auf umfangreiche Thesen zur Europa-Politik verständigt.

Vor allem zwischen den beiden Oppositionsparteien Linke und Grüne hatte es im Bundestag in den zurückliegenden Wochen heftige Auseinandersetzungen um die Ukraine-Politik gegeben. Sie gipfelten in Auseinandersetzungen um die nordrhein-westfälische Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen, die Anfang Juni in einer Bundestagsdebatte im Zusammenhang mit Rechtsextremen in der Ukraine mit Bezug auf Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt von "Verbrecher" gesprochen hatte.

Fraktionschef Gregor Gysi ging das damals deutlich zu weit. Gemeinsam mit den Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger erklärte er: "Von dieser Äußerung unserer Abgeordneten Sevim Dagdelen distanzieren wir uns." Gysi, Kipping und Riexinger wurden später von verschiedenen linken Strömungen in der Linkspartei wegen dieser Rüge kritisiert. Die linksradikale Zeitung "Junge Welt" berichtete am Dienstag, Riexinger habe die Distanzierungserklärung der Linken-Spitze als "vorschnell" und "Fehler" bezeichnet. Riexinger ließ dazu erklären, er habe sich mit dieser Bemerkung nicht inhaltlich absetzen wollen von der Kritik an der Dagdelen-Äußerung. Doch hätte er es im Rückblick besser gefunden, mit der Abgeordneten vor der Distanzierungserklärung das Gespräch zu suchen.

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Der Swoboda-Vorsitzende Tjagnibok hat über einen Rechtsanwalt aus Ratingen angekündigt, er wolle Gysi verklagen. Seine Partei sieht sich von dem Linken-Politiker zu Unrecht als "faschistisch" diffamiert. Der Linken-Fraktionschef habe demnach im Bundestag und in einer ZDF-Talkshow die Ehre des Swoboda-Politikers "schwer verletzt". Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, bestätigte auf Tagesspiegel-Anfrage, dass die Anzeige eingegangen ist. Ob es einen Anfangsverdacht gibt, werde noch geprüft.

Mehrere Politiker aus der Linken erklärten sich solidarisch mit Gysi. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: "Gregor Gysi hat recht. Swoboda-Chef Tjagnibok ist ein Faschist."

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