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Deniz Yücel war war nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Februar 2018 aus der Türkei ausgereist.

© Marlene Gawrisch/dpa

Yücel zum Urteil: „Gewissermaßen ist das eine Reisewarnung“

Deniz Yücel wurde wegen angeblicher PKK-Propaganda verurteilt. Zudem wurden neue Ermittlungen gegen ihn eingeleitet. Auf Twitter äußert er sich dazu.

Zwei Jahre, neun Monate und 22 Tage Haft: Dazu hat ein Gericht in Istanbul den "Welt"-Journalisten Deniz Yücel am Donnerstag verurteilt. Yücel erschien selbst nicht vor Gericht. Er veröffentlichte kurze Zeit später einen Artikel auf der "Welt"-Nachrichtenseite, in dem er den "erbärmlichen Zustand" der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei anprangert.

"Natürlich wäre ein Freispruch nicht nur rechtlich zwingend, sondern auch erleichternd gewesen. Aber letztlich ist mir dieses Urteil egal, es hat auch keine praktischen Auswirkungen." Der ARD sagte er am Abend: "Das ist ein Verfassungsbruch, ein Rechtsbruch, den dieses Gericht begangen hat.

Natürlich auch deshalb, muss man vermuten, weil sie mit einem Freispruch den türkischen Staatspräsidenten bloßgestellt hätten, der mich öffentlich mehrfach als Terrorist und Agent bezeichnet hat und sich auch strafbar gemacht hat dadurch."

Yücel war von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul inhaftiert. Monatelang saß er in Einzelhaft. Erst nach langem politischen Tauziehen kam Yücel frei und durfte ausreisen. Gleichzeitig wurde Anklage wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung erhoben. Vom Vorwurf der Volksverhetzung und der Propaganda für die Gülen-Bewegung wurde Yücel nun freigesprochen.

Dafür gab das Gericht jedoch bekannt, dass zwei weitere Ermittlungen gegen den Journalisten eingeleitet wurden. Am Freitagvormittag schreibt Yücel dazu auf Twitter: Die 32. Istanbuler Strafkammer habe wegen zwei Artikeln aus der "Welt" die Einleitung von Strafverfahren wegen „Verunglimpfung des Staates und seiner Organe“ angeordnet.

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"In einem Artikel ging es um einen Witz über das Verhältnis von Türken und Kurden, im anderen um die Verwendung des Begriffs „Völkermord an den Armeniern“; beide Texte waren bereits Gegenstand des ersten Verfahrens, da mit dem Vorwurf „Volksverhetzung“", schrieb er weiter in dem Thread.

Die Botschaft laute also: Jeder, der auch außerhalb der Türkei der türkische Staatsideologie widerspreche - beim Thema Benachteiligung der Kurden oder beim Umgang mit dem Genozid - mache sich potenziell strafbar. Yücel resümiert: "Gewissermaßen ist auch das eine Reisewarnung, die das Gericht da ausgesprochen, aber sich vermutlich nicht selber ausgedacht hat. Der Bundestag und die EU mögen überlegen, welche Konsequenzen sie daraus ziehen."

Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte das Urteil am Donnerstagabend bereits deutlich kritisiert: "Das heutige Urteil gegen Deniz Yücel sendet das absolut falsche Signal, und die Ankündigung weiterer Ermittlungsverfahren ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar", sagte er in Berlin. Darin zeigten sich erhebliche Differenzen zwischen der Türkei und Deutschland beim Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit.

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