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Palästinenser bergen einen verletzten Demonstranten.

© Mahmud Hams,AFP

Update

Gewalt in Gaza: UN untersuchen mögliche Kriegsverbrechen Israels

Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften waren 250 Palästinenser getötet worden.

Israelische Soldaten haben nach Überzeugung unabhängiger UN-Experten bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen an der Grenze zum Gazastreifen im Jahr 2018 Menschenrechte verletzt.

„Einige der Menschenrechtsverletzungen könnten Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewesen sein, die Israel umgehend untersuchen muss“, sagte der Vorsitzende der Untersuchungskommission, die der UN-Menschenrechtsrat vor einem Jahr eingesetzt hatte. Die Kommission präsentierte ihre Ergebnisse am Donnerstag in Genf.

Israel weist die Anschuldigungen zurück

„Besonders alarmierend ist es, dass Kinder und Menschen mit Behinderungen absichtlich zur Zielscheibe wurden“, sagte Kommissionsmitglied Sara Hossain. Minderjährige mit komplizierten Verletzungen hätten von Israel teils keine Ausreisegenehmigung zur Behandlung in spezialisierten Krankenhäusern erhalten. Ein 14-Jähriger sei an einer Blutvergiftung gestorben, weil er in Gaza nicht behandelt werden konnte und nicht ausreisen durfte.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies den Bericht zurück. „Der Rat erreicht neue Gipfel der Heuchelei und der Lügen aus einem obsessiven Hass gegen Israel heraus, der einzigen Demokratie im Nahen Osten“, sagte Netanjahu. „Es ist die Hamas, die Raketen auf israelische Bürger schießt, Brandsätze wirft und terroristische Aktivitäten während gewalttätiger Demonstrationen am Grenzzaun ausführt.“ Die Hamas werde vom Iran finanziert und habe sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben.

Die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah begrüßte dagegen die Aussagen der UN-Experten. „Dieser Bericht bestätigt, was wir die ganze Zeit sagen, dass Israel Kriegsverbrechen gegen unser Volk in Gaza, dem Westjordanland und Jerusalem begeht“, teilte das Büro von Präsident Mahmud Abbas laut der Nachrichtenagentur „Wafa“ mit. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag müsse eine Untersuchung einleiten.

Der von der radikal-islamischen Hamas beherrschte Gazastreifen ist ein größtenteils von Israel umgebenes Gebiet am Mittelmeer. Seit 30. März 2018 protestieren Einwohner am Grenzzaun für eine Aufhebung der seit Jahren bestehenden Gaza-Blockade sowie die Erlaubnis zur Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge in Gebiete, die heute zu Israel gehören. Sie schicken unter anderem fliegende Brandbomben Richtung Israel. Nach Angaben der Gesundheitsministeriums in Gaza wurden von Ende März 2018 bis Ende Februar 2019 insgesamt 259 Palästinenser getötet und Tausende verletzt.

Die Demonstranten fordern eine Aufhebung der seit mehr als einem Jahrzehnt bestehenden Gaza-Blockade sowie eine Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge in Gebiete, die heute zu Israel gehören. Die Kommission bezieht sich nur auf den Zeitraum bis Ende 2018. In der Zeit hätten israelische Scharfschützen am Grenzzaun auf mehr als 6000 unbewaffnete Demonstranten geschossen. 189 Menschen seien getötet worden, 35 davon Minderjährige. Drei hätten Sanitäter-Westen getragen, zwei seien klar als Journalisten zu erkennen gewesen. 122 Menschen hätten Gliedmaßen amputiert werden müssen. Ein israelischer Soldat sei getötet worden, vier seien verletzt worden.

Wenn es nicht um legitime Selbstverteidigung gehe, sei es ein Kriegsverbrechen, Zivilisten ins Visier zu nehmen, die nicht an Kampfhandlungen beteiligt seien, so die Kommission. Sie habe Grund zur Annahme, das einige Mitglieder der israelischen Sicherheitskräfte Zivilisten getötet und verwundet hätten, die nicht direkt an Kampfhandlungen teilnahmen und keine unmittelbare Gefahr darstellten.

Ende der Blockade gefordert

Sie wies israelische Argumente zurück, die Proteste seien ein Vorwand für „Terroraktivitäten“. Die Demonstranten hätten eindeutig politische Ziele genannt. Sie kritisierte die Hamas, weil sie nicht verhindere, dass Palästinenser Brandbomben Richtung Israel schicken.

Die Kommission rief Israel auf, die Blockade zu beenden. Die weitgehende Absperrung besteht seit mehr als zehn Jahren und wird von Ägypten mitgetragen. Beide Staaten begründen dies mit Sicherheitsinteressen. Israel, die EU und die USA betrachten die Hamas als Terrororganisation. Der Gazastreifen ist nicht viel größer als der Stadtstaat Bremen, aber dort leben rund zwei Millionen Menschen unter schwierigsten Bedingungen.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas wird von der EU, Israel und den USA als Terrororganisation eingestuft. Im Gazastreifen leben rund zwei Millionen Menschen unter schwierigen Bedingungen. Es mangelt unter anderem an Trinkwasser und Strom. (dpa)

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