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Gesundheitsminister Spahn über die Impfkampagne: „Ich hätte stärker Erwartungen managen müssen“

Spahn hält am Versprechen fest, in Deutschland solle jeder bis Ende des Sommers ein Impfangebot erhalten. Doch zunächst stünden harte Wochen bevor.

Aus seinem Corona-Frust macht Jens Spahn kein Geheimnis. „Ich bin genauso pandemiemüde wie alle“, sagt der Gesundheitsminister am Mittwoch bei der Konferenz „Europe 2021“ von Zeit, Tagesspiegel, Handelsblatt und Wirtschaftswoche. Auch er wolle so viel „Normalität, Freiheit, Unbefangenheit“ wie möglich zurück, nicht mehr mit den „Aha-Regeln“ im Kopf auf Menschen zugehen müssen.

Wie lange müssen wir noch im Lockdown leben? Das war die Frage, die Tagesspiegel-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron dem Minister gestellt hatte. Ein konkretes Datum nennt Spahn nicht.  „Das hängt davon ab, wie wir mit dem Impfen vorankommen“, sagt er. Später fügt er noch hinzu, es sei „nicht gesichert, dass Ostern so stattfindet, wie wir es gewohnt waren“.

Der Gesundheitsminister hält aber am Impf-Versprechen fest, das bereits die Kanzlerin gegeben hat: Bis zum Ende des Sommers solle jedem ein Impf-Angebot gemacht werden, „eine Erstimpfung und ein Termin für die Zweitimpfung“. Wobei Spahn sicherheitshalber noch einmal festhält, dass der Sommer erst Ende September aufhört. Und dass dieses Versprechen davon abhängt, dass alles nach Plan läuft, von den Impfstoff-Zulassungen bis zu den Liefermengen.

Schließlich hat der Gesundheitsminister die Erfahrung machen müssen, wie sehr es am Ende auch auf ihn selbst zurückfällt, wenn Hoffnungen nicht erfüllt werden. Selbstkritisch räumt er ein, ihm sei es in den letzten Wochen nicht gelungen, realistische Erwartungen beim Impfen zu wecken.

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Nach Weihnachten sei mit dem Start der Impfkampagne eine „Euphorie“ entstanden und der Eindruck, in wenigen Wochen sei alles vorbei. Er habe den Menschen nicht ausreichend klar machen können, wie hart der Winter werde. "Ich hätte stärker Erwartungen managen müssen“, sagt Spahn.

Daten über den russischen Impfstoff Sputnik V „ermutigend“

Dennoch äußert Spahn auch die „begründete Zuversicht“, dass es in Deutschland mit dem Impfen auch weiter vorangehe, „Zug um Zug“. Rund 2,7 Millionen Dosen seien bisher verabreich worden, davon 700.000 Zweitimpfungen.

Der Minister hält auch eine Zulassung des russischen Corona-Impfstoffs „Sputnik V“ in Europa für denkbar. „Ich freue mich über jeden Impfstoff, der Wirksamkeit zeigt und sicher ist“, sagte er. In welchem Umfang das bei Sputnik der Fall sei, müsse sich die europäische Zulassungsbehörde EMA anschauen. Die nun veröffentlichten Daten seien „ermutigend“, müssten aber noch bei der Behörde eingereicht werden.

Sputnik V habe eine so hohe Wirksamkeit, weil der Impfstoff zwei verschiedene Vektoren nutze für die Erst- und Zweitimpfung. Das mache es aber auch „deutlich komplexer“, den Impfstoff zu produzieren. Aus Russland habe es die Bitte gegeben, zu schauen, ob es in Deutschland oder Europa Produktionskapazitäten für den Impfstoff gebe. „Da sind wir vermittelnd tätig“, sagt Spahn.

Je mehr es in Deutschland beim Impfen vorangehe, desto intensivere Debatten erwartet Spahn auch über Impfverweigerer. „Wenn Leute sagen, sie wollen nicht geimpft werden, können sie nicht erwarten, dass alle um sie herum weiter Schutzmasken tragen.“

Als eine der Lehren aus der Pandemie kann Spahn sich vorstellen, dass mehr Menschen als bisher sich künftig im Winter gegen Grippe impfen lassen oder auf dem Weg zur Arbeit eine Maske tragen. Der Staat müsse das ja auch nicht verpflichtend machen. Aber in diesem Winter spiele die Grippe wegen der Schutzmaßnahmen und der Impfungen „keine Rolle“. Dass diese Erkenntnis bleibe, „dafür werden wir werben“.

Der CDU-Politiker verweist außerdem auf eine andere „Übersterblichkeit“ einmal im Jahr. Aufgrund der hohen Temperaturen während der heißen Sommerwochen gebe es eine gestiegene Sterblichkeit bei Älteren, die mit der Hitze nicht zurechtkommen. Es blieben noch genügend Aufgaben für dieses Jahrzehnt. „Nach dieser Pandemie müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf den Klimawandel anpassen.“

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