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Freunde: Russlands Präsident Wladimir Putin und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder 2004.

© AFP

Gerhard Schröder versus Nawalny und „Bild“: „Putins Laufbursche“ schlägt zurück

Der vergiftete Alexej Nawalny wirft dem Altkanzler und Nord-Stream-2-Aufsichtsratschef vor, verdeckte Zahlungen des Kremls zu erhalten. Der will jetzt klagen.

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Früher hat Gerhard Schröder gesagt: "Zum Regieren brauche ich BILD, BamS und Glotze". Viele Jahre konnte er als Bundeskanzler auf die Unterstützung der Springer-Blätter zählen und sein früherer Regierungssprecher Bela Anda heuerte 2012 als Vizechef bei der Bild-Zeitung an. Doch nicht erst die Freundschaft Schröders zu Wladimir Putin hat zu einem Zerwürfnis geführt, das nun einem neuen Tiefpunkt entgegensteuert.

Nun macht Bela Anda heute wieder die PR-Arbeit für den Altkanzler, gemeinsam haben sie die Podcast-Reihe "Die Agenda" gestartet, wo Schröder sich zu Aktuellem einlässt. Und der Altkanzler fährt wegen eines Bild-Interviews mit dem russischen Regimekritiker Alexej Nawalny nun scharfe Geschütze gegen die Zeitung und deren Online-Portal auf, Schröder verklagt den Springer-Verlag wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte.

Doch der Reihe nach: Der mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschock vergiftete und daran fast gestorbene Nawalny hatte dort gesagt: "Gerhard Schröder wird von Putin bezahlt. Aber wenn er jetzt versucht, diesen Giftanschlag zu leugnen, ist das wirklich sehr enttäuschend. Das eine ist, Putins Lobbyist zu sein. Doch jetzt versucht er, Mörder zu beschützen."

Und weiter: "Er ist immerhin der ehemalige Kanzler des mächtigsten Landes in Europa. Jetzt ist Schröder ein Laufbursche Putins, der Mörder beschützt. Ich weiß nicht, welche verdeckten Zahlungen er von Putin bekommen hat. Es gibt eine offizielle Bezahlung und ich habe keine Zweifel, dass es auch verdeckte Zahlungen gibt."

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Altkanzler kontert via "LinkedIn"

Knapp fünf Stunden vergehen, bis das Büro des Altkanzlers nach einer Tagesspiegel-Anfrage auf eine Antwort Schröders im Karriere-Netzwerk "LinkedIn" verweist. Dort ist bei der Berufserfahrung neben der Bundeskanzlerzeit (1998-2005) aufgelistet, dass Schröder seit 2017 Aufsichtsratschef des russischen Öl- und Gaskonzerns Rosneft ist und bereits seit 2016 Aufsichtsratschef bei der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 - hinter dem Projekt steht vor allem der russische Gazprom-Konzern.

Der 76-Jährige bekommt also reichlich Geld aus Russland, aber verdeckte Zahlungen, um Putin stets treu zu Diensten zu sein?

Auf dem Weg der Besserung: der vergiftete Alexej Nawalny.
Auf dem Weg der Besserung: der vergiftete Alexej Nawalny.

© dpa

Schröder hatte zuvor betont, dass eine Verwicklung staatlicher russischer Stellen in die Vergiftung Nawalnys nicht erwiesen sei: "Was gegenwärtig gemacht wird, sind ja wesentlich Spekulationen, weil (...) gesicherte Fakten gibt es ja nicht." Nawalny war nach der Tat aus Russland ausgeflogen und erfolgreich in der Berliner Charité behandelt worden.

Putin gratuliert Schröder zur Ehrendoktorwürde der Universität St.Petersburg.
Putin gratuliert Schröder zur Ehrendoktorwürde der Universität St.Petersburg.

© AFP

Mit Blick auf den von "Bild" verbreiteten Vorwurf verdeckter Zahlungen an ihn, teilte Schröder nun mit: "Ich habe Verständnis für die schwierige persönliche Situation, in der sich Herr Nawalny befindet." Seine Interview-Aussagen über angebliche "verdeckte Zahlungen" seien falsch. Nawalny selbst sage, dass er für seine Unterstellungen keine Belege habe.

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"Gleichwohl haben BILD-Zeitung und bild.de diese Aussagen, ohne mich um eine Stellungnahme zu bitten, verbreitet." Daher sehe er sich gezwungen, "gegen den Verlag, der meine Persönlichkeitsrechte auf das Schwerste verletzt hat, juristisch vorzugehen." Und auch gegen alle Medien, die den Vorwurf einfach so weiterverbreiten.

Die SPD hadert mit Schröders Putin-Treue

Die SPD tut sich immer schwerer mit dem Verhältnis ihres Ex-Kanzlers zu Russland. Zwar ist ein konfrontativer Kurs gegen Russland in der Partei nicht beliebt und ein früherer Staatssekretär spricht von "hartem Tobak", den Nawalny im temporären Exil auf deutschem Boden gegen den Altkanzler loslasse.

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Aber Außenminister Heiko Maas sieht die Politik Putins anders als Schröder kritisch, er vermeidet jedoch in Interviews eine offene Konfrontation mit dem Parteifreund, er will auch Schröders zurückhaltende Bewertung des Falls Nawalny nicht kommentieren.

Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider versuchte am Mittwoch, Nawalnys Attacken als unpolitisch hinzustellen, was sie keineswegs sind. "Da sagt der eine Privatmann dem anderen Privatmann etwas", meinte er. Angesprochen auf Nawalnys Vorwurf der Käuflichkeit gegen Schröder sagte Schneider wie Schröder, das Giftopfer könne seine Vorwürfe nicht belegen: "Ich finde es ehrabschneidend."

Nur noch 150 Kilometer fehlen bei der Verlegung der Ostseepipeline Nord Stream 2.
Nur noch 150 Kilometer fehlen bei der Verlegung der Ostseepipeline Nord Stream 2.

© picture alliance/dpa

Schröder mag gute Kasse machen mit seinen Tätigkeiten, aber seinen Ruf ramponiert das Beharren auf der Rolle als Genosse Putins mehr und mehr. Zumindest will aber auch die Bundesregierung keinen Stopp mehr von Nord Stream 2 wegen des Falls Nawalny. Schröder betont, dass sonst zehn Milliarden Euro an Investitionen in den Sand gesetzt würden.

Merkel in der Klemme: Welche Sanktionen?

Eine Frage ist aber noch offen: Mit welchen Sanktionen wird Kanzlerin Angela Merkel dann antworten, zumal auch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) die Vergiftung mit Nowitschock bestätigt hat, der Stoff kann nach gängiger These nur von staatlichen Stellen beschafft werden.

Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas müssen nun über neue Russland-Sanktionen entscheiden.
Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas müssen nun über neue Russland-Sanktionen entscheiden.

© imago images/IPON

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt fordert personenbezogene EU-Sanktionen. "Dabei erscheint es am wirksamsten, das enorme ausländische Vermögen der Putin-Nomenklatura einzufrieren."

Und auch Maas betont: Wenn Russland die Vorgänge im Fall Nawalny nicht aufkläre und Informationen nicht bereitstelle, seien "zielgerichtete und verhältnismäßige Sanktionen gegen Verantwortliche auf russischer Seite unvermeidlich".

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