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Die von der Ampel-Koalition geplante Abschaffung von Steuervergünstigungen auf Agrardiesel stößt in der Branche auf Protest.

© dpa/Pia Bayer

Bauern-Protest gegen Kürzungen: FDP-Fraktion kündigt Veto gegen starke Belastung der Landwirte an

Die Bauern laufen Sturm gegen die geplante Streichung der Agrardiesel-Subvention. Am Montag wollen sie in Berlin demonstrieren. Die FDP fordert faire Wettbewerbsbedingungen.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat ein Veto gegen die Pläne der Ampel-Regierung zur Streichung von Steuervergünstigungen für Landwirte angekündigt. „Die FDP-Fraktion hält die starke Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe für nicht zustimmungsfähig“, sagte er und ergänzte: „Es wird zu oft von angeblich klimaschädlichen Subventionen gesprochen, ohne auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Abschaffung zu schauen.“ „Vor allem brauchen unsere Landwirte faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Vergleich.“

Finanzminister Lindner habe „deshalb bereits zugesagt, dass er der Regierung Alternativen vorlegen kann, wenn die Koalitionspartner zustimmen“. Der FDP-Chef hatte dem RND gesagt: „Um es klar zu sagen, ich bin kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe.“ Deshalb werde man miteinander in Regierung und Koalition sprechen müssen. „Ich bin für Alternativen offen“, betonte er.

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Die von der Bundesregierung geplante Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft gehören zu den Ergebnissen der Haushaltskürzungen, die in der zurückliegenden Woche von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) verkündet wurden. Anschließend wandte sich Özdemir im Bundestag gegen die Streichungen und bezeichnete sie als „problematisch“. Die Landwirte hätten noch keine Alternative zu ihren Dieseltraktoren, betonte der Grünenpolitiker.

Unterdessen hat zwischen Grünen und FDP das Schwarze-Peter-Spiel darüber begonnen, wer denn ursprünglich die Idee für die Streichung der als klimaschädlich geltenden Subventionen gehabt hat. Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums sagte, dass Özdemir bei den internen Beratungen über die Umsetzung des Karlsruher Schuldenbremsen-Urteils ausdrücklich vor einer Streichung der Agrardiesel-Beihilfe gewarnt habe.

Der Agrarsprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, erklärte hingegen: „Die Forderung nach dem Wegfall der Rückerstattungen beim Agrardiesel stammt aus dem Landwirtschaftsministerium.“ Er kritisierte, es gefährde „die heimische Nahrungsmittelproduktion in ohnehin unruhigen Zeiten“, wenn hier der Rotstift angesetzt werde.

Sowohl Grüne als auch FDP scheinen sich der politischen Gefahr bewusst zu sein, die von ausufernden Bauernprotesten ausgehen könnte. Verhältnisse wie in den Niederlanden will niemand. Im Nachbarland gingen die Landwirte gegen die Umweltvorgaben bei der Stickstoffreduktion auf die Straße. Bei der Parlamentswahl im November kam die Bauernbürgerbewegung BBB auf sieben von insgesamt 150 Sitzen. Die BBB gehört ebenso ins rechtspopulistische Lager wie der niederländische Wahlsieger Geert Wilders.

Habeck verteidigte die Subventionsstreichung

Habeck verteidigte die Subventionsstreichung. „Der Landwirtschaftsminister hat davor gewarnt, die Agrardiesel-Beihilfe zu streichen“, sagte er der dpa. „Cem Özdemir kennt die Lage der Bauern und die Belastung und hat das sehr deutlich gemacht.“ Er habe diese Argumente auch mit den Regierungspartnern diskutiert, sagte Habeck. Aber die Regierung müsse nach dem Karlsruher Urteil Ausgaben beschränken. „Und wir drei haben diese Entscheidung im Rahmen des Gesamtpakets getroffen.“

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte unterdessen angekündigt, an der Großdemonstration von Bauern am Montag in Berlin teilzunehmen und eine Rede zu halten.

Die Opposition erkennt in den Bauernprotesten bereits ein mögliches Mobilisierungsthema. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger will bei der Demonstration am Montag dabeisein. Das geplante Aus bei den Vergünstigungen für den Agrardiesel bereite ihm „ziemliche Kopfschmerzen“, sagte auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, droht mit „heftigem Widerstand“.

© dpa/Sebastian Gollnow

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, (DBV) Joachim Rukwied, forderte die Ampel-Koalition auf, die Pläne wieder zurückzuziehen. „Zu viel ist zu viel“, erklärte Rukwied. Ansonsten werde es „heftigen Widerstand“ geben. Nach Einschätzung seines Verbandes müssten die Landwirte in Deutschland auf fast eine Milliarde Euro verzichten, wenn die Ampel-Pläne umgesetzt würden.

Bei der Demonstration an diesem Montag wollen die Landwirte mit mehreren Hundert Traktoren aus vier Himmelsrichtungen zur Straße des 17. Juni ans Brandenburger Tor fahren. Zu denen, die zur Teilnahme aufrufen, gehören auch die „Freien Bauern“, eine Interessenvertretung der bäuerlichen Familienbetriebe.

„Wie auch immer man die Vorschläge Lindners zum Agrardiesel und zur Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge bezeichnen mag, unterm Strich handelt es sich um eine Steuererhöhung von über 900 Millionen Euro zulasten einer einzigen Berufsgruppe – das ist eine unerträgliche Frechheit und Demütigung“, sagte Alfons Wolff, der Bundessprecher der „Freien Bauern“.

Der Agrarökonom Achim Spiller von der Universität Göttingen hat mit den geplanten Agrardiesel-Plänen der Ampel noch ein anderes Problem. „So grundsätzlich richtig die Streichung der Agrardiesel-Subvention aus Klimaschutzsicht ist, so problematisch ist die jetzige Durchführung für die Akzeptanz der Klimapolitik“, sagte er dem Tagesspiegel.

Zwar ist auch Spiller der Meinung, dass die Nutzung fossiler Energien langfristig teurer werden müsse, damit auch Landwirte – soweit möglich – auf erneuerbare Energien umsteigen und die Landtechnikindustrie klimafreundliche Varianten entwickelt. Was ihm aber Sorgen bereitet, ist das abrupte Vorgehen der Ampel-Koalitionäre angesichts der Haushaltskrise: „Es wäre viel besser, wenn man mit dem Abbau der Subventionen schon länger angefangen hätte und dies stufenweise und planbar machen würde.“ (mit dpa)

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