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In Benghazi spielen Kinder auf einem der T 52 Panzer an der Corniche vor dem Gebäude des Gerichtshofes, der Zentrale der Aufständischen.

© Katharina Eglau

Libyen: Für Gaddafi wird es eng

Die UN beschließt Sanktionen gegen das libysche System. Im Osten des Landes bilden Ex-Minister derweil eine Übergangsregierung. In China versuchen Sicherheitskräfte aufkeimende Proteste zu ersticken.

Die Vereinten Nationen haben am Sonntag mit harten Sanktionen auf die Massaker in Libyen reagiert. Der UN-Sicherheitsrat in New York beschloss einen Strafkatalog gegen das Regime von Staatschef Muammar Gaddafi, das er für die Gräuel in Libyen verantwortlich macht. Die Maßnahmen reichen von der Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) in Den Haag über das Einfrieren der Vermögen des Gaddafi- Clans und einem Reiseverbot für Angehörige des Regimes bis zu einem Waffenembargo gegen Libyen. Gaddafi kritisierte die Sanktionen am Sonntag in einem Telefoninterview, das er dem serbischen Fernsehsenders „Pink TV“ gab. Der Sicherheitsrat könne nicht sehen, dass die Lage in Tripolis sicher sei, wurde Gaddafi zitiert. Sein Sohn Saif al Islam bestritt zudem Angriffe auf Demonstranten: „Wir haben keine Gewalt angewendet“, sagte er dem US-Sender ABC.

Unterdessen ist die Macht Gaddafis auf die Hauptstadt Tripolis zusammengeschrumpft. Hier kontrollierten loyale Milizen weiterhin die meisten Stadtteile, berichtete der arabische Fernsehsender Al Dschasira. Dagegen übernahmen seine Gegner am Sonntag die Kontrolle der Stadt Sawija, die nur 50 Kilometer westlich von Tripolis gelegen ist, sowie der drittgrößten Stadt des Landes, Misurata. In Benghasi im Osten des Landes hat sich am Sonntag bereits eine Übergangsregierung unter der Führung des zurückgetretenen Innenministers gebildet.

Im benachbarten Tunesien hat am Sonntag nach zweitägigen blutigen Unruhen der umstrittene Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi seinen Rücktritt bekannt gegeben. Ghannouchi war bereits unter dem am 14. Januar gestürzten Präsidenten Ben Ali viele Jahre lang Ministerpräsident gewesen. Viele Tunesier sahen in ihm nicht die richtige Person für einen politischen Neuanfang. Als Nachfolger wurde der Jurist und Ex-Minister Béji Caïd Essebs ernannt. Bei den Straßenkämpfen am Wochenende hatte es mindestens drei Tote gegeben.

Die 15 Mitglieder des Sicherheitsrates – darunter Deutschland – verabschiedeten die Resolution 1970 zu Libyen einstimmig. Ein militärisches Eingreifen in dem nordafrikanischen Staat unter UN- Mandat oder die Errichtung einer Flugverbotszone spielten in den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates jedoch kaum eine Rolle. Die Resolution sei eine klare Botschaft der internationalen Geschlossenheit, betonte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Allerdings könne der Beschluss allein „nicht die Gewalt und die Unterdrückung stoppen“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte, dass der Internationale Strafgerichtshof jetzt den Fall Libyen an sich ziehen wird. Die Entscheidung sei „ein starkes Signal an Oberst Gaddafi und andere Despoten, dass Menschenrechtsverletzungen nicht ungesühnt bleiben“.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) reist am heutigen Montag zu einer Krisensitzung über Libyen beim UN-Menschenrechtsrat in Genf. Dort wird er seine Kollegin aus den USA und Russland, Hillary Clinton und Sergej Lawrow, treffen. Unterdessen holte die Luftwaffe im ersten bewaffneten Evakuierungseinsatz seit 1997 insgesamt 132 Menschen aus Libyen, darunter 22 Deutsche.

Eineinhalb Wochen nach Beginn der Unruhen bildeten libysche Oppositionelle eine Übergangsregierung. Beteiligt daran seien alle „freien Städte“, in denen die Gegner von Gaddafi die Kontrolle übernommen hätten, sagte Sprecher Abdelhafes Ghoka in Benghasi. Zuvor habe sich Ex-Justizminister Mustafa Abdul Dschalil mit Stammesführern geeinigt. Die USA sagten dem Gremium Hilfe zu.

In China haben Sicherheitskräfte am Wochenende mögliche Proteste nach arabischem Vorbild im Keim erstickt. Zehntausende Polizisten waren in Peking und zwei Dutzend anderen Städten mobilisiert. Die Hauptstadt erlebte die größte Polizeiaktion seit den Olympischen Spielen 2008. Mehr als ein Dutzend ausländischer Journalisten wurden festgenommen, darunter auch deutsche Korrespondenten. mit dpa/AFP

Dirk Herbermann[Genf]

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