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Der abgewählte Bonner Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan (r, CDU), gratuliert der Herausforderin Katja Dörner, (l, Grüne) zu ihrem Sieg bei der Stichwahl.

© Roberto Pfeil/dpa

Grüne Oberbürgermeisterin in Bonn: "Für die Partei sind kommunale Erfahrungen total wichtig"

Vom Bundestag ins Rathaus: Die Themen der Grünen seien in der Breite der Gesellschaft angekommen, sagt Bonns neue Oberbürgermeisterin Katja Dörner.

Bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen gelang es den Grünen erstmals, mehrere Oberbürgermeisterämter zu erobern. In Bonn setze sich die Grünen-Bundestagsabgeordnete Katja Dörner mit 56,3 Prozent gegen den bisherigen Amtsinhaber Ashok-Alexander Sridharan von der CDU durch, der auf 43,7 Prozent kam. Die 44-Jährige ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags - seit 2013 ist sie stellvertretende Fraktionschefin der Grünen, mit dem Themenschwerpunkt Soziales, Kinder, Familie und Frauen. Nun wechselt sie in die Kommunalpolitik.

Frau Dörner, grüne Oberbürgermeisterinnen waren in Deutschland lange die Ausnahme. Sie haben sich am Sonntag in Bonn in der Stichwahl gegen den CDU-Amtsinhaber durchgesetzt, in anderen Städten wie Aachen und Wuppertal waren Kandidaten der Grünen ebenfalls erfolgreich. Sind Sie von diesem Erfolg selbst überrascht?
Ich habe mir in Bonn gute Chancen ausgerechnet. Ich habe sehr positives Feedback zu meinen Themen und zu meiner Person bekommen – und in den letzten Tagen war eine Wechselstimmung spürbar. Dass es so deutlich ausgefallen ist, hat mich dann aber doch überrascht.

Was ist Ihr Eindruck, was die Menschen jetzt von Ihnen erwarten?
Ich habe im Wahlkampf oft gespiegelt bekommen, dass es in der Stadt an Führung mangelt. Die Menschen wollen wieder wissen, in welche Richtung sich die Stadt entwickelt. Sie erwarten außerdem, dass manche Projekte, die schon im Rat beschlossen wurden, nun auch endlich angepackt werden. Etwa die Gründung einer Stadtentwicklungsgesellschaft, die wichtig ist, um mehr öffentlich gefördertem Wohnraum in Bonn zu schaffen. Das war ein Thema, das der amtierende Oberbürgermeister aktiv nicht angegangen ist.

Sind die Kommunalwahlen auch ein Hinweis darauf, dass die Grünen die neue Großstadtpartei sind?
Die Wahlen haben vor allem gezeigt, dass die Themen, für die wir Grüne stehen, in der Breite der Gesellschaft angekommen sind. Die Bekämpfung der Klimakrise, bei der es sozial gerecht zugehen muss, die Verkehrswende - all das waren Themen, die viele Menschen interessiert haben.

Was haben Sie jetzt konkret vor?
In der Verkehrspolitik müssen wir umdenken, weg vom Auto zu anderen Verkehrsträgern, die das Klima nicht belasten und keinen Stau produzieren. Ich werde unmittelbar drei breite geschützte Fahrradstreifen („protected bike lanes“) einrichten lassen, so etwas haben wir in Bonn noch gar nicht richtig, da sind wir total hinterher. Außerdem plane ich eine Photovoltaik-Offensive. Und: Ich will möglichst schnell mit den Sozialträgern einen Pakt gegen Kinderarmut schließen.

Was ändert sich für die Bundespartei, wenn es mehr grüne Oberbürgermeisterinnen gibt?
Für die Partei sind kommunale Erfahrungen total wichtig. Ich möchte, dass alles, was wir auf Bundesebene beschließen, auch vor Ort funktioniert.

Sie hätten auch darauf spekulieren können, nach der Bundestagswahl 2021 Ministerin oder Staatssekretärin in der Regierung zu werden. Warum haben Sie sich für die Kommunalpolitik entschieden?
Weil Kommunalpolitik die Menschen ganz unmittelbar betrifft. Natürlich sind die Weichenstellungen im Bund wichtig. Aber ob die Verkehrswende gelingt, entscheidet sich am Ende vor Ort.

In der SPD herrscht Frust über die grünen Erfolge und darüber, dass die Grünen beispielsweise in Dortmund eine Wahlempfehlung für den CDU-Kandidaten abgegeben haben und nicht für den SPD-Bewerber. Können Sie das nachvollziehen?
Ich bin in Bonn von SPD und Linken unterstützt worden und werde sehr pfleglich mit diesem Vorschussvertrauen umgehen. Ansonsten entscheiden bei den Grünen die einzelnen Kreisverbände vor Ort, wen sie unterstützen. Wir sind eine eigenständige Partei und kein Anhängsel. Diesen Kurs vertreten wir schon länger. Insofern kann ich den Frust der SPD nicht nachvollziehen.

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