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Diplomingenieur Fabian Möller dreht an einem Absperrventil der CO₂-Speicherbohrung in Ketzin (Havelland).

© Foto: picture alliance / dpa / Nestor Bachmann

Für den Klimaschutz: Umweltverbände und Industrie offen für CO₂-Speicherung unter der Erde

Lange hatten sich Umweltschützer gegen die unterirdische CO₂-Speicherung gewehrt. Nun rücken Nabu und WWF davon ab und beziehen gemeinsam mit der Industrie Position.

Es ist eine ungewöhnliche Allianz für den Klimaschutz: Umweltverbände, Gewerkschaften und die Industrie plädieren für die umstrittene unterirdische Speicherung von Kohlendioxid-Emissionen. Entsprechende Technologien seien ein relevanter Baustein, um die Klimaziele zu erreichen, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Thesenpapier des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) sowie der Umweltschutzorganisationen Nabu und WWF.

In dem Papier, über das die „Süddeutsche Zeitung“ zuerst berichtet hatte, heißt es, die Technologien könnten „prioritär“ dort zum Einsatz kommen, wo CO₂-Emissionen nach aktuellem technischem Stand nicht vermieden werden können. In der Vergangenheit hatten Umweltschützer sogenannte CCS-Verfahren abgelehnt, etwa weil Umweltschäden durch ausweichendes Gas befürchtet werden.

Mithilfe von „Carbon Capture and Storage“-Technologien, kurz CCS, soll Kohlendioxid aufgefangen, abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden, bevor es in die Atmosphäre gelangt. In ihrem gemeinsamen Papier beziehen sich die Verbände auch auf CCU-Verfahren („Carbon Capture and Utilization“), bei denen das CO₂ nicht unterirdisch abgespeichert, sondern für andere Produkte genutzt werden soll.

Wir stehen hinter dem Prinzip CO₂-Vermeidung und Reduktion vor Abscheidung.

Gemeinsames Papier von BDI, DGB, Nabu und WWF

Bisher sind die Technologien in Deutschland nur zu Forschungszwecken erlaubt. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an der sogenannten Carbon-Management-Strategie, die sich mit dem zukünftigen Umgang mit CCS und CCU befassen soll.

BDI, DGB, Nabu und WWF betonen, dass die Einsparung klimaschädlicher Emissionen an vorderster Stelle stehen müsse. „Wir stehen hinter dem Prinzip CO₂-Vermeidung und Reduktion vor Abscheidung“, heißt es in dem gemeinsamen Papier. Dafür müssten etwa die erneuerbaren Energien ausgebaut oder natürliche CO₂-Senken gestärkt werden.

Die Strategie der Bundesregierung solle sicherstellen, dass solche Maßnahmen nicht ausgebremst würden. Bei einem möglichen Einsatz von CCS und CCU müssten zudem hohe ökologische und soziale Standards eingehalten werden.

Verbände fordern Carbon-Management-Strategie

Der Fachbereichsleiter Klima- und Umweltpolitik beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Daniel Rieger, sagte der „Süddeutschen Zeitung“, man müsse zur Kenntnis nehmen, dass man zur Begrenzung der Erderwärmung „einfach alle Hebel in Bewegung setzen“ müsse und „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine andere Option für die Dekarbonisierung einzelner Industrien besteht“.

Denn auch mit 100 Prozent erneuerbaren Energien blieben etwa in der Kalkindustrie oder auch der Landwirtschaft noch Emissionen übrig.

Ausgegangen war die Initiative für das Thesenpapier dem Medienbericht zufolge vom BDI. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer, Holger Lösch, mahnte eine baldige Richtungsbestimmung der Ampel-Koalition an. Die Carbon-Management-Strategie aus dem Bundeswirtschaftsministerium müsse zügig veröffentlicht werden: „Ohne sie gibt es keine Klarheit über die Rolle von CCS und CCU in Deutschland“, erklärte er auf Nachfrage.

Wenn es nicht bald Anreize gebe, die Technologien anzuwenden, würden sie in Deutschland nicht rechtzeitig oder ausreichend eingesetzt werden können, um die Klimaziele zu erreichen.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, die Strategie werde „die Anwendung von CCS und CCU ermöglichen“. Die Bundesregierung wollte die Strategie eigentlich schon 2023 vorlegen. Einen neuen Zeitpunkt nannte die Sprecherin nicht. Es werde aber mit Hochdruck daran gearbeitet. (epd)

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