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Nach zehn Jahren in der Opposition zieht sich der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel aus der Politik zurück.

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Führungswechsel in der Hessen-SPD: Warum Thorsten Schäfer-Gümbel aufhört

Er will zurück zu seinen "beruflichen Erstwünschen". Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel macht Schluss mit der Politik.

Ein Mann, zwei Nachnamen, drei Buchstaben – Thorsten Schäfer-Gümbel alias TSG ist in der deutschen Politik so etwas wie ein Vorreiter. Lange bevor Annegret Kramp-Karrenbauer als AKK zur CDU-Vorsitzenden aufstieg, machte Thorsten Schäfer-Gümbel schon mit nur drei Buchstaben von sich reden: Weit über über die Grenzen seiner Partei hinaus nennt man ihn TSG. Wie JFK, nur auf Hessisch.

Den schnittigen Spitznamen wird TSG sicherlich weiter führen. Doch mit der Politik wird für ihn bald Schluss sein. Der hessische SPD-Chef und Bundesvize seiner Partei will alle Ämter niederlegen – und soll als Arbeitsdirektor in den Vorstand der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wechseln. „Ich werde auf dem Landesparteitag am zweiten November nicht erneut als Landesvorsitzender der hessischen SPD kandidieren“, erklärte Schäfer-Gümbel am Dienstag.

TSG will bis Herbst Landeschef bleiben

„Bis dahin werde ich als Landesvorsitzender die Landespartei führen und die notwendigen Entscheidungen zur personellen und organisatorischen Neuaufstellung vorantreiben.“ Schäfer-Gümbel will sein Landtagsmandat abgeben und auch nicht mehr als Bundesvize kandidieren, wenn die SPD-Führung beim Bundesparteitag im Dezember neu gewählt wird.

Damit dürfte in der Partei die Diskussion über die Größe des Bundesvorstands wieder aufflammen. Bislang hat SPD-Chefin Andrea Nahles sechs Stellvertreter. Mit Schäfer-Gümbels Ausscheiden könnte die Führungsriege möglicherweise verkleinert werden: „Die SPD-Spitze muss entscheiden, ob sie den Posten neu besetzen will“, heißt es im Willy-Brandt-Haus.

Mit seiner Entscheidung zieht TSG die Konsequenzen aus der schweren Niederlage seiner Partei bei der hessischen Landtagswahl im Oktober 2018. Als Spitzenkandidat holte er nur 19,8 Prozent – ein Verlust von rund zehn Prozentpunkten. „Bestimmt haben wir auch Fehler gemacht, in jedem Fall aber war der Sturm aus Berlin zu stark“, sagte TSG. Gemeint ist: Auch Parteichefin Nahles trägt aus Sicht vieler Genossen eine Mitschuld an dem hessischen Wahldebakel. Dass sie kurz vor der Landtagswahl zustimmte, den umstrittenen damaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär im Bundesinnenministerium zu befördern, habe der Glaubwürdigkeit der SPD geschadet, heißt es. Und das habe TSG Wählerstimmen gekostet.

"Rückkehr zu meinen beruflichen Erstwünschen"

Schäfer-Gümbel habe „einfach unglaublich viel Pech gehabt“, heißt es im Willy-Brandt-Haus. Tatsächlich ist der Parteilinke dreimal mit dem Versuch gescheitert, hessischer Ministerpräsident zu werden. „Bereits am Tag nach der verlorenen Landtagswahl habe ich Andrea Nahles informiert, dass ich keinen vierten Anlauf anstrebe“, sagte er nun.

In seinem künftigen Job wird Schäfer-Gümbel für die Personalplanung der GIZ zuständig. Das bundeseigene Unternehmen versteht sich als Dienstleister in der Entwicklungszusammenarbeit. Schäfer-Gümbels neuer Posten des Arbeitsdirektors ist nach Angaben aus dem GIZ-Aufsichtsrat mit jährlich rund 200.000 Euro vergütet.

Im Herbst war für den Job noch ein anderer Sozialdemokrat im Gespräch: der ehemalige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und frühere SPD-Wahlkampfmanager, Matthias Machnig. Gegen dessen Berufung gab es allerdings Widerstand im Aufsichtsrat des Unternehmens. Deshalb wurde nun Schäfer-Gümbel nominiert.

Der sieht seine neue Aufgabe als „eine Rückkehr zu meinen beruflichen Erstwünschen“. Schon als junger Mann habe er Entwicklungshelfer werden wollen. Von 2003 bis 2008 war Schäfer-Gümbel entwicklungspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

SPD-Hoffnungsträgerin Nancy Faeser

Die künftige Führung der hessischen Sozialdemokraten will nach Tagesspiegel-Informationen Nancy Faeser übernehmen. Die derzeitige Generalsekretärin und Vize-Chefin der Hessen-SPD will offenbar für den Landesvorsitz und als Fraktionschefin kandidieren. Seit Längerem wird Faeser in der SPD als Hoffnungsträgerin gehandelt. In Schäfer-Gümbels Schattenkabinett war sie als Innenministerin nominiert. Allerdings werden auch Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ambitionen auf den Vorsitz nachgesagt. Wer immer Schäfer-Gümbels Nachfolge antritt, wird für die angeschlagene Hessen-SPD eins leisten müssen: Entwicklungshilfe.

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