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Migranten an Bord des Rettungsschiffs der spanischen Nichtregierungsorganisation Proactiva Open Arms freuen sich über ihre Ankunft in Barcelona.

© Olmo Calvo/AP/dpa

Spanien als Hauptziel: Frontex-Chef warnt vor neuer Flüchtlingsroute

Die neuesten Statistiken zeigen: Die Zahl der Migranten, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, hat drastisch abgenommen. Gleichzeitig verschieben sich offenbar die Routen und Ziele der Flüchtlinge.

Der Chef der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, hat vor einer neuen Hauptroute für Migranten nach Europa gewarnt. „Wenn Sie mich fragen, was meine größte Sorge derzeit ist: Dann sage ich Spanien“, sagte der Franzose der „Welt am Sonntag“. Allein im Juni habe man im westlichen Mittelmeer rund 6000 irreguläre Grenzübertritte aus Afrika nach Spanien gezählt. „Wenn die Zahlen dort so steigen wie zuletzt, wird sich dieser Weg zum wichtigsten entwickeln“, sagte Leggeri.

Bei etwa der Hälfte dieser Menschen handele es sich um Marokkaner, die anderen stammten aus Westafrika, betonte der 50-Jährige, der Frontex seit 2015 vorsteht.

Bislang landen die meisten Geflüchteten in Italien

Bislang war der weitaus größte Teil der Menschen, die über das Mittelmeer kamen, in Italien angelandet. Spanien rangierte hinter Griechenland nur auf dem dritten Platz. Die neuesten Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zeigen nun eine Trendwende: Waren im ersten Halbjahr 2017 noch rund 85 000 Migranten in Italien und nur 6500 in Spanien angekommen, so waren es im gleichen Zeitraum 2018 in Italien 16 700 und in Spanien bereits 15 600. Die Gesamtzahl der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kamen, lag der IOM-Statistik zufolge aber im ersten Halbjahr nur noch bei knapp 46 500 und hat sich somit mehr als halbiert.

Allerdings zeigen die Statistiken auch, dass die Überfahrt zuletzt so riskant war wie seit langem nicht mehr. In diesem Jahr starben laut IOM bereits über 1400 Menschen auf der Mittelmeerroute. Der Juni war demnach mit 629 Toten der tödlichste seit mindestens fünf Jahren.

Nach Angaben von Frontex machen Schlepper Migranten im Transitland Niger seit kurzem ein alternatives Angebot zur Weiterreise nach Libyen: die westliche Route über Marokko nach Europa und somit Spanien. Leggeri plädierte dafür, die Pläne für internationale Unterkünfte in Afrika voranzutreiben, damit niemand mehr davon ausgehen könne, dass er nach seiner Rettung nach Europa gebracht werde. „Wenn es diesen Automatismus nicht mehr gibt, können wir das kriminelle Geschäftsmodell erfolgreich bekämpfen.“

Frontex soll bis 2020 verstärkt werden

Die Europäische Union hatte sich bei ihrem Gipfeltreffen vergangene Woche unter dem Eindruck der deutschen Regierungskrise auf eine Verschärfung ihrer Asylpolitik geeinigt. Frontex soll bis 2020 verstärkt werden, um die EU-Außengrenzen stärker abzuriegeln. Gerettete Bootsflüchtlinge können künftig in zentralen Sammellagern in der EU untergebracht werden. Ähnliche Lager in Nordafrika werden geprüft.

„Ich halte es für besonders wichtig, dass man nun das Ziel von Unterkünften direkt in Nordafrika verfolgt“, so Leggeri. „Wir müssen Menschen in Seenot retten, das wird immer so sein. Aber ich finde es ganz interessant, dass der EU-Rat klargemacht hat, dass die Ausschiffung auch in nicht-europäischen Staaten stattfinden könnte.“

Italiens neue Regierung fährt seit Wochen einen harten Kurs in ihrer Flüchtlingspolitik und hat zuletzt mehreren Rettungsschiffen die Einfahrt in einen Hafen verwehrt. Spanien hatte daraufhin der „Aquarius“ von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee und der „Open Arms“ der spanischen Nichtregierungsorganisation Proactiva Open Arms erlaubt, spanische Häfen anzulaufen. Die „Lifeline“ der deutschen Organisation Mission Lifeline durfte nach langem Ausharren nach Malta. (dpa, mha)

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