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Peer Steinbrück in Hamburg.

© dpa

Die Wahlkampfbeobachter (6): Friedrich oder Zimmermann: Hauptsache Innenminister

Der Begriff „Innenminster Zimmermann“ hat sich offenbar tief ins Namensgedächtnis von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück eingefräst. Doch auch andere kämpfen im Wahlkampf mit Versprechern.

Von Hans Monath

Was ist die wirkungsvollste Methode, um bei Wahlkampfauftritten gleich zu Beginn seine Zuhörer zu verschrecken? Viele Deutsche identifizieren sich weit stärker mit der eigenen Region oder der eigenen Stadt als mit einer politischen Überzeugung. Deshalb verliert jeder Politiker sein Publikum, der sich etwa mit dem Satz „Ich freue mich, heute hier in der wunderschönen Stadt Bad Krozingen sprechen zu dürfen“ anbiedert, wenn er in Wirklichkeit aber auf dem Marktplatz von Bad Kissingen steht, was ihm entweder ein Referent falsch aufgeschrieben oder er aber selbst schlicht verwechselt hat. Dann kann der Redner sagen, was er will, seine politische Botschaft wird in diesem Ort niemanden mehr erreichen. Und was die Lokalzeitung am nächsten Tag berichtet, steht auch schon fest.

Immer montags bis freitags erscheint die Kolumne "Die Wahlkampfbeobachter".

© Cicero/Daxer

Auch gewiefte Rhetoriker greifen daneben

Als SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kürzlich zum Wahlkampfauftakt der Hamburger SPD auftrat, lief er keine Gefahr, den Namen der Stadt zu vertauschen – schließlich ist der Ex-Finanzminister in Hamburg geboren und aufgewachsen, was ihn zu ein paar gefühligen Sätzen verleitete. Allerdings unterlief dem gewieften Rhetoriker ein anderer Versprecher, der allerdings nur wenigen auffiel. Im Zusammenhang mit der NSA-Spähaffäre wollte der SPD-Politiker den Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) attackieren, der ein „Supergrundrecht Sicherheit“ ausgerufen und damit den Schutz der Privatsphäre zu einem Thema von untergeordneter Bedeutung herabgestuft hatte. „Innenminister Zimmermann hat ein merkwürdiges Verfassungsverständnis“, schimpfte Steinbrück.

Schon wenige Tage zuvor in der Talksendung von Sandra Maischberger hatte der Kandidat frohgemut „Innenminister Zimmermann“ attackiert. Der allerdings hatte schon vor 24 Jahren seinen Dienst quittiert, als Deutschland noch geteilt war und die Regierung Westdeutschlands in Bonn am Rhein ihren Sitz hatte.

„Old Schwurhand“ und sein Comeback

Der CSU-Politiker Friedrich Zimmermann galt während seiner Amtszeit (1982 bis 1989) als Prototyp des konservativen Law-and-order-Mannes, fuhr eine harte Linie in der Ausländerpolitik, betrieb die Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts und bemühte sich nach Kräften, den Datenschutz einzuschränken. Im Jahr 1960 hatte er einen Meineid abgelegt, wurde aber wegen eines ärztlichen Attests, wonach er in diesem Moment unterzuckert gewesen sei, nicht verurteilt. Seither trug den Spitznamen „Old Schwurhand“.

Womöglich hat sich der Begriff „Innenminster Zimmermann“ in jener Zeit ins Namensgedächtnis von Steinbrück eingefräst, der damals zunächst als Referent der SPD-Bundestagsfraktion und später als Büroleiter des NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD) arbeitete. Die Verwechslung fiel ihm wahrscheinlich auch deshalb leicht, weil der Nachname des heutigen Innenministers („Friedrich“) der Vorname seines Vorgängers aus der Bonner Republik ist („Friedrich Zimmermann“). Allerdings gelingt es dem Innenminister der Regierung Merkel nicht besonders gut, sich als harter und durchsetzungsfähiger Wächter der inneren Sicherheit zu profilieren. Der echte Zimmermann hatte in dieser Hinsicht deutlich mehr zu bieten.

Auch der Moderator der Hamburger SPD-Veranstaltung, der Erste Bürgermeister Olaf Scholz, leistete sich einen Versprecher. Er begrüßt nämlich nicht nur den Kandidaten, sondern stellte auch alle weiblichen Mitglieder von dessen Kompetenzteam vor und unterhielt sich mit diesen über ihre Ziele und Versprechen. Brigitte Zypries deckt die Verbraucherpolitik ab, Manuela Schwesig die Frauen- und Familienpolitik, Gesche Joost Netzpolitik, Christiane Krajewski Wirtschaftspolitik, Yasemin Krakasoglu Bildungspolitik und Cornelia Füllkrug-Weitzel Entwicklungspolitik.

Nachdem Füllkrug-Weitzel mit voller Energie für eine andere Entwicklungspolitik plädiert hatte und dabei den Eindruck vermittelte, sie werde sich mit diesem Anliegen stets lautstark zu Wort melden, sagte Olaf Scholz: „Danke Gesine!“ Nur eine sozialdemokratische Politikerin mit dem Vornamen Gesine hat in der Politik in den vergangenen Jahren für Wirbel gesorgt, nämlich die frühere Bundespräsidenten-Kandidatin Gesine Schwan. Ob Olaf Scholz zu energischen, selbstbewussten und vielleicht etwas penetranten Frauen deshalb sofort der Vorname „Gesine“ einfiel?

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