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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

© imago images/photothek

Franziska Giffey und die Plagiatsaffäre: Über politische Karrieren entscheidet nicht die FU

„Der Drops ist gelutscht“, sagt Giffey in Sachen Doktortitel. So einfach ist es aber nicht. Der Wähler wird entscheiden: Sind Fehler verzeihlich? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Julius Betschka

In der Politik hätte wohl längst jemand einen Untersuchungsausschuss gefordert. Seit mehr als zwei Jahren prüfen unterschiedliche Kontrollgremien an der Doktorarbeit von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) herum.

Wegen Mängeln, die zwar offensichtlich sind, aber nicht die wissenschaftliche Leistung der Arbeit insgesamt in Frage stellen oder grundsätzlich, im Sinne großflächigen Betrugs, an Giffeys Integrität zweifeln lassen. Das unterschiedet den Fall von Plagiatoren wie Karl-Theodor zu Guttenberg.

Der Präsident der Freien Universität (FU) spricht über „einen diffizilen Findungsvorgang“, wenn er eigentlich von einer beispiellosen Pannenserie sprechen sollte. Nun scheint endlich eine Entscheidung anzustehen: Im zweiten Versuch soll der Doktortitel doch aberkannt werden. Das empfiehlt zumindest die Prüfkommission.

[Abonnenten von T+ lesen hier noch mehr über die Plagiatsaffäre der Familienministerin: Das ist der Mann, der Franziska Giffey stoppen könnte]

Seit vergangener Woche war das neue Gutachten fertig, es sollte geheim bleiben, bis Giffey die Möglichkeit zur Stellungnahme hatte und das FU-Präsidium entschieden hat. Allerdings ist die Universität längst nicht mehr Herrin des Verfahrens, war es vielleicht nie. Jemand aus der Universität plapperte.

Die Empfehlung der Kommission wird kaum zu ignorieren sein

Erst sollte es für die Mängel in Giffeys Arbeit nur eine Rüge geben, dann war plötzlich gar nicht mehr klar, ob das überhaupt rechtlich möglich ist. Das Verfahren wurde neu aufgerollt. Dann wurde bekannt, dass die erste Kommission mit Mitstreitern von Giffeys Doktormutter besetzt war, dann trat auch noch ein Mitglied der neuen Prüfungskommission wegen Befangenheit zurück.

Jetzt eben nochmal: Stellungnahme Giffey, dann Präsidiumsentscheidung. Die Empfehlung der Kommission wird kaum zu ignorieren sein.

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Franziska Giffey hat längst vorgesorgt: Ihren Doktortitel verwendet sie nicht mehr. Ihre Rathaus-Ambitionen wird eine Aberkennung nicht erschüttern. Sie sagt: „Der Drops ist gelutscht.“ Aber so einfach ist es natürlich nicht. Neben der wissenschaftlichen Bewertung der Arbeit wird jeder Wähler sich überlegen: Wie hätte ich gehandelt? Sind Fehler verzeihlich?

Über politische Karrieren sollten die Wähler befinden

Die Freie Universität und Franziska Giffey selbst haben in diesem Verfahren Fehler gemacht. Einer ist Intransparenz. Es ist nur dem AStA der Freien Universität und Journalisten zu verdanken, dass der erste Prüfbericht öffentlich einsehbar ist.

Wer ihn liest, muss sich umso heftiger wundern: Über das jahrelange Verfahren einerseits und den Furor gegen Giffey andererseits. Einige wenige echte Plagiate – Sätze ohne Quellenangabe – finden sich im Kapitel Begrifferklärungen, woanders arbeitete Giffey unsauber, die Arbeit unterscheide sich damit „von klassischen Plagiatsfällen“, steht dort. Womöglich reicht das, um einen Doktortitel zu verlieren. Über politische Karrieren sollten besser die Wähler befinden.

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