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Frank-Walter Steinmeier (SPD) verneigt sich im Bundestag vor den Abgeordneten. Es war seine letzte Rede als Minister.

© dpa

Frank-Walter Steinmeier: Abschied eines unermüdlichen Mittlers

Das Amt - oder vielmehr die auf Ausgleich bedachte Art, mit der er es führte - verschaffte ihm viel Anerkennung. Jetzt wurde Frank-Walter Steinmeier als Außenminister verabschiedet.

Zum Abschied besuchte Frank-Walter Steinmeier noch einmal den wichtigsten Partner. An seinem letzten Tag im Amt reiste der Außenminister nach Paris, eine kleine Referenz an das besondere Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich. In keiner anderen europäischen Hauptstadt außer Brüssel war der SPD-Politiker so oft: In den gut drei Jahren seiner Amtszeit flog er dreißig Mal nach Paris. Insgesamt bringt der Vielflieger der Bundesregierung es in dieser Zeit auf 220 Reisen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die Zusammenarbeit mit Steinmeier „kollegial und freundschaftlich“, als sie ihn in seiner letzten Kabinettssitzung verabschiedete. Zur Erinnerung bekam Steinmeier ein signiertes Foto der Ministerrunde an dem ovalen Tisch im Kanzleramt. Kaum ein anderer Minister hat so viele Mittwochvormittage in diesem Raum verbracht wie Steinmeier, erst als Kanzleramtsminister von Gerhard Schröder, ab 2005 als Außenminister der großen Koalition. Nach vier Jahren Opposition kehrte er 2013 ins Auswärtige Amt zurück, zur Freude vieler Diplomaten, die ihn fast wie einen der Ihren schätzten.

Seine zweite Amtszeit als Außenminister wird durch zwei große Konflikte geprägt: die Kriege in der Ukraine und in Syrien. Steinmeier setzt dabei auf den Dialog, auch und vor allem mit Moskau. Aus Steinmeiers Partei ist immer wieder zu hören, man dürfe den Gesprächsfaden mit Russland nicht abreißen lassen. Doch wenn einer dafür gesorgt hat, dass diese Verbindung hält, dann ist es Steinmeier. Unzählige Gespräche hat er mit seinem russischen Amtskollegen geführt. Nur halb im Scherz sagt er bei einer Begegnung mit Sergej Lawrow im März 2016 in Moskau: „In den letzten Monaten haben wir uns öfter gesehen als unsere eigenen Familien.“ Doch auch an diesem Tag gehen die Minister wieder einmal auseinander, ohne größere Fortschritte vermelden zu können. Gemeinsam mit Frankreich hat Deutschland eine Vermittlerrolle im Ukraine-Konflikt übernommen. Immer wieder erinnert Steinmeier Moskau und Kiew an ihre Verpflichtungen aus den Minsker Vereinbarungen, die der Ostukraine endlich Frieden bringen sollen. Der Außenminister will neutraler Vermittler sein, mahnt und kritisiert daher stets beide Seiten gleichermaßen. Diese Äquidistanz bringt Steinmeier hinter den Kulissen auch Kritik ein, nicht nur in Kiew.

Von der Stelle kommt der Friedensprozess nicht, die Waffenruhe in der Ostukraine wird immer wieder gebrochen. Der Minister ärgert sich jedoch über diejenigen, die sagen und schreiben, der Minsker Friedensprozess sei gescheitert. Das will Steinmeier nicht gelten lassen, wie Sisyphos rollt er immer wieder den Stein den Berg hinauf. Nur manchmal ist dem Minister die Frustration anzumerken. Dann kritisiert er, dass es Fortschritte nur im Schneckentempo gebe.

Wenn es nach Plan geht, wird er Bundespräsident

Der deutschen Diplomatie hatte das Atomabkommen mit dem Iran 2015 eigentlich Hoffnung gemacht, dass am Ende auch in schwierigen internationalen Verhandlungen eine Einigung möglich ist. Doch Freude und Erleichterung über diesen Abschluss hielten angesichts des Krieges in Syrien nicht lange. Eine militärische Lösung könne es in dem Land nicht geben, hat Steinmeier immer wieder betont. Doch eine Verhandlungslösung gab es auch nicht, stattdessen mussten westliche Diplomaten zusehen, wie Russland in Syrien Fakten schuf. „Der Krisenmodus scheint der aktuelle Aggregatzustand der Welt zu sein“, sagte Steinmeier im Dezember in Hamburg vor den Amtskollegen aus den Staaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Es war zugleich das letzte große internationale Treffen seiner Amtszeit. Beim G-20-Außenministertreffen in Bonn im Februar wird schon sein Nachfolger Sigmar Gabriel, der an diesem Freitag vereidigt werden soll, Gastgeber sein.

Zum Abschied überreichte Gabriel Steinmeier am Donnerstag ein Porträt von Willy Brandt, gemalt von Armin Müller-Stahl. Die Abgeordneten im Bundestag dankten Steinmeier nach seiner letzten Rede mit stehendem Applaus, nur die Parlamentarier der Linken blieben sitzen. Beliebt und geschätzt ist er nicht nur im politischen Berlin: Das Amt – oder vielmehr die zurückhaltende, auf Ausgleich bedachte Art, mit der er es führte – hat Steinmeier zum beliebtesten Politiker in Deutschland gemacht.

Wenn alles nach dem Plan der Koalition geht, wird Steinmeier anders als seine Vorgänger auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt weiter in Regierungsmaschinen durch die Welt reisen – nicht mehr als Außenminister, sondern als Bundespräsident. Mehr Zeit für Privates muss warten.

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