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Spanien ist inzwischen das wichtigste Ziel der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kommen.

© Marcos Moreno/AFP

Flüchtlinge auf dem Mittelmeer: Marokko stoppt Flüchtlingsboot mit Schüssen

Marokko verschärft seine Bemühungen, die Migration nach Südeuropa zu verhindern. Eine junge Frau wird dabei auf einem Boot erschossen.

Nach Libyen versucht nun auch Marokko im europäischen Auftrag, die Abfahrt von Flüchtlingsbooten Richtung Südeuropa zu bremsen. Der Kampf gegen jene Menschenschmuggler, welche die Migranten übers Mittelmeer bringen, werde verstärkt, teilte ein Sprecher der marokkanischen Regierung mit. Europa hatte Rabat kurz zuvor neue Millionenhilfen versprochen. Die meisten Migrantenboote, die derzeit in Spanien ankommen, fahren von der marokkanischen Küste los.

Das harte Vorgehen Marokkos bekam umgehend ein Schiff mit Migranten an Bord zu spüren, das dem Haltbefehl der Küstenwache nicht nachkam: Es wurde mit scharfer Munition beschossen. Dabei kam eine junge marokkanische Frau ums Leben, drei weitere Migranten wurden verletzt.

Der Steuermann des Migrantenschiffes wurde festgenommen

An Bord sollen sich 27 Menschen befunden haben, die meisten waren offenbar Marokkaner. Wie die marokkanischen Behörden mitteilten, wurde der Steuermann des Bootes, bei dem es sich um einen Spanier handeln soll, festgenommen; ihm wird Menschenschmuggel vorgeworfen.

Wollten die Sicherheitsbehörden mit diesem Vorgehen abschreckend wirken? König Mohammed VI., Staatschef und starker Mann im Land, steht seit Wochen unter Druck, weil neuerdings Marokko zum wichtigsten nordafrikanischen Transitstaat Richtung Europa geworden ist. Immer mehr Menschen aus den Armutsländern unterhalb der Sahara nutzen Marokko als Sprungbrett, um nach Spanien zu kommen. Aber auch die Zahl der Marokkaner steigt, die ihrer Heimat den Rücken kehren.

Hunderte Jugendliche demonstrieren gegen die Polizei

Seit Tagen zirkulieren Videos in den sozialen Netzwerken, in denen zu sehen ist, wie junge Marokkaner an der heimischen Küste Boote besteigen. Einer der Handy-Filme aus dem marokkanischen Küstenort Martil dokumentiert anscheinend, wie nachts Hunderte Jugendliche gegen die Polizei demonstrieren, weil diese Jagd auf Migranten machte, die am Strand auf ihre Überfahrt warteten. „Wir wollen legal auswandern können“, riefen die Demonstranten. Viele junge Marokkaner wollen angesichts hoher Arbeitslosigkeit, geringer Löhne und mangelnder Freiheiten ihre Heimat verlassen.

Marokkanische Bürgerrechtsgruppen berichten, dass die Polizei die Kontrollen in den Küstenstädten verstärkt habe. Nach Angaben der Menschenrechtsvereinigung AMDH wurden in den vergangenen Monaten Hunderte schwarzafrikanische Migranten von der Küste im Norden in den wüstenartigen Süden des Landes gebracht. Marokkos Regierung sprach von 54.000 Menschen, die seit Jahresbeginn daran gehindert worden seien, nach Südeuropa überzusetzen.

Seit Anfang 2018 kamen 36.000 Menschen per Boot nach Spanien

Seit diesem Sommer ist Spanien das wichtigste Ziel der Flüchtlinge, die aus Nordafrika übers Mittelmeer kommen. Nach neusten Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gelangten seit Anfang 2018 rund 36.000 Menschen auf Booten nach Spanien, 23.000 nach Griechenland und 21.000 nach Italien. Im Jahr 2017 war noch Italien das Hauptziel der Migranten. Nach einer Verschärfung der Einwanderungspolitik und einer Schließung der Häfen für Migrantenschiffe sanken die Zahlen aber drastisch.

Die Europäische Union sagte mittlerweile Marokkos Regierung großzügige Unterstützung zu, die dazu beitragen sollen, die Abfahrt von Booten aus Marokko zu bremsen. Rund 30 Millionen Euro wurden für die Aufrüstung der marokkanischen Küstenwache bereitgestellt. Zudem versprach die EU 115 Millionen zusätzlicher Hilfe für Wirtschafts- und Sozialprogramme. Schon in der Vergangenheit ließ sich das nordafrikanische Land für seine Rolle als Stabilitätsanker in der Region gut entlohnen.

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